Schöne Neue Duftwelt
Schöne Neue Duftwelt
I. Cheese City
Ein Reiseführer
Ich widme dieses Buch dem, der mich anregte es zu schreiben: Karl Käse
FAT STUTTGART 21 Modell ausgestellt im Tanzsaal des Schiffes,
auf dem ich die Reise in die Neue Welt begonnen habe. Überfahrt Hier auf dem Dampfer war das Feste Land zu Ende, hier roch es schon nach leichtem Käse, klangen Gaslaute aus Zwischendeck und Bar, hier schon nahm das feste Land andere Formen an, die Straßen hatten ihre schneidende Schärfe verloren, hier war Duft, wo der Deckel dies verhindert hatte, den der Koch gesetzt hatte, war der Duft wie Kommata in die Milch-Wolken gehängt worden; als Zeichen der Improvisation förderte sie den Schaum, wo die starren Regeln dies verhindert hatten. Fünf Tage waren wir nun schon unterwegs, das Wasser um uns herum war noch sehr klar, der Wind übermäßig stark, die meiste Zeit verbrachte ich im Bord-Restaurant mit einer leichten Mahlzeit. Im Restaurant waren immer an die 200 Gäste, es wurde Champagner in Kristallgläsern und Käsehäppchen an die runden hölzernen Tisch gebracht, natürlich war es Plastik, man konnte es nicht unterscheiden von echtem Holz. Vermutlich war alles „unecht“ sogar die Jazz-Band die aufspielte, ich konnte nicht mehr unterscheiden zwischen echt und unecht hier an Bord des Schiffes in die Neue Welt. In früheren Zeiten waren Schiffe und ihre Decks aus Holz, aber Holz beplankte Oberdecks (Holzbeplankung auf Stahldecks) waren auch bis weit nach dem 2. Weltkrieg auch auf Kriegsschiffen üblich. Einzelne Schiffe der Deutschen Marine besaßen in bestimmten Bereichen ebenfalls eine Holz-Beplankung. Auch im modernen Schiffbau aus Stahl oder GFK wurde das Oberdeck vieler Passagier- und Freizeitschiffe mit Teakholz beplankt. Neben der hohen Rutschfestigkeit in nassem Zustand war die repräsentative Optik ein triftiger Grund für Holzdielen. Zum Zeitpunkt meiner Überfahrt wurden im Schiffsbau zu 95% Kunststoffe verwendet, auch bei den Möbeln. Als Kunststoff (umgangssprachlich: Plastik oder Plaste) bezeichnete man einen Festkörper, dessen Grundbestandteil synthetisch oder halbsynthetisch erzeugte Polymere mit organischen Gruppen war. Ein Werkstück aus Kunststoff bestand aus Millionen sehr langer, ineinander verschlungener Molekülketten (Polymeren), die aus sich stets wiederholenden Grundeinheiten (Monomeren) zusammengesetzt waren. Natürlich konnte es vorkommen, dass man an auf einem echten Holzstuhl saß, der quietschte, man hatte dann extremes eins zu neunundneunzig Glück, oder auch Pech, je nachdem, ob der Stuhl beim Essen brach, oder nicht. Nach sechs Tagen in diesem Kunststoffgefäß mit den künstlichen Musikern war der Wind plötzlich zu einer leichten Brise geworden. Ich saß an Deck und schaute aufs weite Meer stundenlang, magisch zog es meinen Blick zum Horizont, dort musste sie sein die Neue Welt, ich hielt meine Nase in die Luft und versuchte schon die ersten Düfte vom Festland zu erhaschen, als plötzlich die Linie zwischen Wasser und Himmel sich golden färbte, wie ein Schnitt mit einem Messer fuhr mir diese Linie in die Augen. Ich schaute weg, ein paar Minuten auf die Holzdielen unter meinen Füßen, natürlich nur Holzfasern aus dem Labor, dann sah ich wieder nach oben, ungeduldig, immer noch war ein goldener Horizont zu sehen, der sich langsam zu einem gelben Balken formte, Minute für Minute wurde dieser dicker und dicker, bis er sich zur Fläche formte, eine magische gelbe Fläche, wie sie kein Maler hätte kreieren können, ich musste unter Deck, um mir das Fernglas zu holen, in meiner Kabine holte ich schnell das Instrument aus der Reisetasche und begab mich wieder hinauf, diesmal auf das Oberdeck, damit vom höchsten Punkt des Schiffes aus gesehen werden konnte. Der Horizont war nun zu einer gelben Fläche mit weißen Löchern verwandelt. So etwas schönes hatte ich zuletzt nur am Korallenriff kurz vor dem Auftauchen an die sonnendurchflutete Meeresoberfläche gesehen, ein Bild von Mark Rothko war nicht so tief und intensiv mit seinen Farbverläufen. Irish Cheddar-Gelb dominierte die Fläche, dies konnte nur vom Hafen der Cheese-City kommen, wo früher die ersten Einwanderer aus Irland andockten, nach Osten musste sich die Wurst City erstrecken, Braune Salamietürme tauchten am Horizont auf, waren aber im Vergleich zu den weiß konturierten Blasen plumpe kleine Figuren. Das Wasser war nun von Milch durchsetzt, ich konnte die Eiweiße in der Luft riechen, groß wurde die Lust hineinzuspringen, ein Milchbad zu nehmen vor der Ankunft am Muskat-Kai, am großen Hafen der Stadt. Der Hafen war der größte Umschlagplatz für Milchprodukte aller Art, ich kannte das Hafenviertel bisher nur aus Duft-Videos von Freunden und Freundinnen, nun war ich kurz davor einzuschmecken. Das Schiff legte an einem festen großen Camembert-Kai an, der weiche Kai schwabbelte beim Andocken, eine Horde Bonbonels bildete einen Steg, über den die Passagiere vom Schiff hüpften, ich war einer der letzten Passagiere aus der alten Welt. Die Bonbonels, kleine dickliche Figuren, die immerzu über die Passagiere witzelten und lachten, hatten viel Spaß dabei, das spürte ich unter meinen Füßen, sie bewegten sich lebendig, ich war sehr froh, auf dem Hartkäse angelangt zu sein. Vor mir eröffneten sich die weichen Hafen-Bars mit ihren Aufschriften, einiges konnte ich lesen: zum Harzer Käse, Weiches Schiff, Käse Ahoi, meine Nase erhaschte einen leichten Gemüseduft, der sehr schnell verdrängt wurde durch Parmesansplitter, die vorbei flogen, ich folgte ihnen bis zu einer riesigen Pasta, die ihre Gäste mit den Worten Schutta Time begrüßte. Nach kurzem Zögern und langsamen Vorantasten ging ich durch ein Parmesantor hindurch und fiel zu meinem Schrecken in eine rote Sauce, Tomatensauce, aber nicht flüssig, sondern Gasförmig, Nudel kitzelten da und dort meinen Körper, Olivenöl floss über meinen Rücken, ich tauchte unter und verschlang eine Pastascheibe, die mir strahlend begegnete. Ricotta-Musiker spielten auf ihren Kesseln eine weiche Musik, Joghurt wurde mir von süßen Proteinen gereicht, die Nachspeise wurde in Gasform durch meinen Körper geblasen, ich schlief daraufhin ein, es war wie im Traum, von dem ich nicht mehr erwachen wollte.
Damit die Milch sozusagen klinisch und porentief rein ist, werden nicht nur kleinere Strohhalme, das Melkfett der Bäuerin, Kuhhaare oder Holzbalken entfernt. Die Milch wird auch erhitzt, damit keine Keime, oder andere Bakterien sich einnisten in den Käse. Pasteurisiert wurde auch ich, um die Reise antreten zu können, dies war eine der Auflagen der Cheese City, weiterhin musste ich vor der Reise in einer verschwitzten Masse laben, bis ein im Labmagen von Kälbern oder Lämmern gebildetes Enzym entstand.
Ich wurde zwar eigens vom Stadtrat beauftragt, die Arbeiten am Reiseführer-Einband auf geruchsspezifische Eigenschaften hin zu beaufsichtigen, jedoch musste ich die gleichen Aufnahmerituale wie alle anderen Touristen über mich ergehen lassen, natürlich tat ich alles für diese Gelegenheit, in die schöne Neue Duftwelt mit meiner spezialisierten Nase einzufahren. Die Reisekosten übernahm die Investorengesellschaft, die den Reiseführer alljährlich herausbrachte, viele dieserAusgaben hatte ich mir schon durch die Nase in die Birne gezogen, ich war schon süchtig geworden nach den Reiseführern. Selbstverständlich, dass ich das Angebot aus der Cheese-City sofort annahm.
Ein Eyecatcher, ganz in Signalfarbe gehalten, war die Vorgabe der Bürgermeisterin Margotin de Dordogne zum Titelbild des Reiseführers, der zum 100. Jubiläum der Stadt herauskommen sollte. Weiter stand in den Vorgaben: Käsegelb, vielleicht etwas grün an den Rändern, um das saftige Gras der Weiden Milchumstadts anzudeuten, keine Tiere und Menschen, keine Ablenkung vom Wesentlichen. Vom Stadtrat eigens beauftragt, arbeitete ein Team , bestehend aus Fotografen, Grafikern, Kommunikationswissenschaftlern, Werbemanagern und Werbetextern, ja sogar Starköche wurden engagiert, daran ein perfektes Image der Stadt als Cover zum Reiseführer zu bekommen. Eine nicht einfache Arbeit, wie sich herausstellen sollte, so gingen die Meinungen während der Monate dauernden Arbeit oft auseinander. Dem Vorschlag einen gelben Käse als Basis zu nehmen wurde ein abendrötlich leuchtender Irischen Cheddar Käse entgegengesetzt . Ein Fotograf hätte gerne ein Foto eines künstlichen Emmentals als Titelbild. Im richtigen Licht fotografiert, sollte diese Kunststoff-Wachskäselandschaft einen gewissen erotischen Reiz abgeben. Betonkäse auf Pappkarton, eine Idee von Mozza Rella, Performancekünstlerin, der einzigen Künstlerin im Team, Käsebeton im Rohzustand, wie er zum Hausbauen verwendet wurde, in Muster gelegt, fotografiert in einer staubigen Parmesanfabrik. Wäre nicht ein genialer Vorschlag der mathematischen Gesellschaft eingegangen, hätte sich zum Schluss der Entwurf der Firma Yellow Design durchgesetzt, welcher auf einer Nahaufnahme von geschnittenem Camembert bestand. Dieser Entwurf ging damit eher ins weißliche Farbsegment, dies auf die ganze Seite randfrei gedruckt, im Zweidruckverfahren mit einer serifenfreien Schrift überdeckt. Diese Schrift sollte „ein Fischernetz symbolisieren, das gerade einen duften Fang gemacht hatte.“ Die mathematische Gesellschaft war auf eigene Initiative zum Thema aktiv geworden und setzte als Vorbild für den Reiseführer das Buch Flächenland von Edwin Abott 1884 nach altem Kalender ein. Darin sah das “alte Quadrat” zu Hause in Flächenland einen Kreis, dessen Umfang sich dauernd verändert, vergleichbar einem Ball, der mühelos durch ein Blatt Papier taucht. Es handelt sich um den Besuch einer Kugel aus “Raumland”. Die Kugel schilderte dem Quadrat die Welt der drei Dimensionen. Das Titelcover zur Kässtadt bildet analog dazu die zwei Dimensionen der Käseoberfläche ab, worin sich die dritte Dimension der Luftblasen bewegte. Diese Luftblasen sollten beschrieben werden von Statements der Bewohner zu ihrer Stadt.
Ankunft
Die erste Nacht in der Neuen Welt hatte ich so fest und gut geschlafen, dass ich kaum aus dem weichen Milchbett heraus kam, ein leichtes Nieseln um mich herum ließ die Sonnenstrahlen sanft auf die Haut treffen, ein seltsam weiches Gefühl überkam mich. Ich rollte über das Weiche zum Härteren hin und plötzlich wich der Nebel, ich befand mich in einem Eidotterähnlichen Gebilde, dunkelgelb und Licht durchflutet, der Dotter musste sehr dünn sein, denn es waren plötzlich Stimmen zu hören: „Guten Morgen, haben Sie gut geschlafen, wir zeigen Ihnen nun die Stadt“. Ich nahm meine Sachen und suchte einen Ausgang, meine Hände tasteten sich über Stalaktitenartigen Gebilde, die wahrscheinlich Möbel darstellen sollten, zum Ausgang, der sich tatsächlich eröffnete, als ich davor stand, er war schon immer offen, nur durch eine weiße Blase verstellt. Die Blase wich zur Seite wie ein zarter Seidenvorhang. Ich sah eine helle Gestalt, die mir entgegenschwebte und sich mir als Eileen Weiß vorstellte, sie war Touristenführerin in der Käse-Stadt und mir vom Amt für auswärtige Beziehungen für einen Tag zur Verfügung gestellt worden. Sie schlug vor einen Milch-Shake trinken zu gehen, dabei wollte sie mir die Stadt olfaktorisch näher bringen.
Im Stadtführer, den ich aus der Käsestadt mitnahm steht dazu:
„die Käse-Stadt ist ein festes Milchprodukt, das – bis auf wenige Ausnahmen – durch Gerinnen aus dem Eiweißanteil der Milch gewonnen wird. In der Cheese City duftete es natürlich nach Käse, nach allen erdenklichen Arten Käse. Die Menschen und Tiere haben sich daran gewöhnt, die Luft die sie atmen ist eine CO²Käse-Luft, das Wasser ist H²OKäse und das Feuer das brennt ist Käsefeuer. Die Gebäude sind teilweise essbar, weil alle statisch und bauphysikalisch relevanten Teile nur leicht verrottbar sind, dies sind z.B. Käse-Beton, Käse-Polystyrol, Käse-Putz, Käs-Glas. Die Wohnhäuser sind durchlöchert wie ein Emmentaler Käse. Nicht nur die Fenster, Türen und Lüftungsschächte sind aus dem massiven Material ausgeschnitten, auch die Duft-, Lüftungs- und Telekommunikationsöffnungen perforieren den Wohnorganismus. Manche Häuser sind dermaßen aufgerüstet, dass von ihnen ein beinahe schwarzes Loch übrig bleibt. Wie dies Gebilde dann zusammenhält, wissen nicht einmal die eigenen Besitzer, es muss ein starkes organisches Gewebe sein, ähnlich der Bienenwabe, nur fetthaltiger. Die neueste Mode im Wohnbau sind Fettaugen, die anstelle der klassischen Dachflächenfenster gesetzt werden, diese integrieren sich besser in der Schimmeldachhaut. Was von außen durchlöchert, setzt sich im innern fort, in den Zimmern, Fluren, Galerien und Treppenläufen, in gleichmäßigem Rhythmus zu einem Mittelpunkt hin. Diese Lochstruktur, scheinbar zufällig, ist genau nach Plan, wie jede Hausbesitzerin versichern kann. Zufall gibt es nur außerhalb der eigenen Löcher und selbst in den Stadtraumlöchern herrscht kein Zufall, selbst im Tierpark in den Gashöhlen der Tiere sind genaue Pläne gemacht worden. Apropos Tierpark: einzigartig sind der Stadt ist das gelb-schwarze Pandamännchen Fon Due, eine weltweite Attraktion, zu verdanken einem zufälligen Fau pax der Tierpflegerin Rac Lette, die vis a vis dem Panda-Käfig ihr kleines Labor betreibt und bei einem Experiment ein gesundes Pandaweibchen mit einer Käsekultur befruchtet hat. Rac Lette erhielt für diesen peinlichen Zwischenfall später das Ehrenzeichnen der Stadt in goldgelb. Maschinen, Geräte und Möbel bestehen aus Käse-beschichteten Metallen und Kunststoffen, Maschinen sind jedoch in der Cheese City nur selten zu sehen, da sie nicht ins Stadtbild passen.
Cheese-jazz
Nach einigen allgemeinen Duftnoten und bevor Eileen fortfahren konnte, traten drei farbige Sporen an unseren Tisch, es war schon leicht dämmrig geworden im Milchkaffee Grottino. Die drei Sporen rochen stark nach musikalischer Untermalung unsrer trauten Runde, sie begrüßten uns herzlich mit übertrieben schleimigem Lob und begannen sofort sich geordnet um unseren Tisch aufzustellen. Eine kurze Pause leitete die Performance ein, der erste Spor, ein moosgrüner begann zu schlabbern, er sülzte ein mir unbekanntes Volkslied aus der weichen Vorgeschichte der Stadt. Eileen musste mich am Tisch halten, so sauer war für mich das Lied. Hätte der zweite Spor, ein roter nicht eingesetzt, wäre ich wahrscheinlich in Ohnmacht gefallen. Der rote Spor begann zu dampfen, so als würde man einen ausgetrockneten, ausgehöhlten Camembert anstechen. Das rhythmisches Dampfen sorgte dafür, dass sich die kitschigen Obertöne des moosgrünen Spor langsam nach unten absetzten, so dass sie nur noch den Bodensatz der Performance bildeten. Als der dritte, ein weißer Spor einsetzte war mir, als hebe es mir das Sitzfett unter meinem Hintern, Rauchkäse entwich dem geräucherten Saxophon, dass der weiße Spor über sich hielt. Ich schwebte nun auf einer zarten Jazz-Wolke, Eileen war erleichtert, als sie mich grinsen sah. Sie flüsterte mir ins Ohr, dass das Stück aus linksdrehenden Biotonleitern zusammengesetzt war und hatte seinen Ursprung in der Avantgardeschmiede von J.J. JoKurt Jr. J.J. war bekannt in der Jazz und Cheese-Szene, ein Milchleerer und Bioguru, ein Vorbild für alle Verpackungen der Stadt. An den folgenden Tagen, sah ich seine blanke Visage immer wieder in den Straßenpackungen von Downtown Cheese.
Der Alltag im BIG CHEESE unterscheidet sich nur wenig, von dem anderer Städte, so gibt es seit neuestem die 32 Käse-Woche, d.h. die Arbeiterinnen und Arbeiter in den Käsefabriken haben 32 Käse herzustellen, Überstunden sind natürlich erlaubt und werden extra vergütet. Es werden alle Arten Käse hergestellt: Rohmilchkäse wird aus unbehandelter Milch hergestellt. Bekannte Vertreter sind der Emmentaler oder der Roquefort. Schmelzkäse wird aus verschiedenen Käsesorten unter Zusatz von Wasser und Schmelzsalzen hergestellt. Molkenkäse wird nicht aus Milch, sondern aus der Süßmolke hergestellt. Diese Molke wird bis auf 95 °Celsius erwärmt und oftmals wird ihr kurz vor Erreichen der Temperatur Säuremittel hinzugesetzt, wobei sich in Folge die Molkenproteine (Albumin und Globulin) oben absetzen, abgeschöpft und weiterverarbeitet werden können. Die dann zurückbleibende Molke ist dann nicht mehr gelblich und trüb, sondern eher grünlich und durchsichtig klar. Molkenkäse ist sehr fettarm. Er wird nach dem Abschöpfen noch fein geschlagen und gesalzen und erreicht damit erst seine cremige Konsistenz und seinen feinen Geschmack.
Eileen erzählte von den Einwandererkäsen, die zu einem Multi-Kulti-Leben in der Stadt beitrugen:
Zu den Molkenkäsen gehören der aus Italien stammende Ricotta, der norwegische Braunkäse, der alemannische oder auch in Österreich und der Schweiz geborene Ziger sowie der griechische Manouri. Eine Besonderheit der Molkenkäseherstellung findet man in der Schweiz und in Vorarlberg: Hier kann man manchmal auf Märkten die so genannte Älplerschokolade finden. Diese wird so hergestellt, dass man die Süßmolke stundenlang bei hoher Hitze rührt und damit reduziert. Der leicht karamelisierte kleine Rest gilt als besondere, sehr teure und selten erhältliche Spezialität. Daneben unterscheidet man noch Käsezubereitungen und Schmelzkäsezubereitungen (sie enthalten andere Milchprodukte, etwa Sahne, oder andere Lebensmittel wie Pilz- oder Fruchtstücke) sowie Käsekompositionen (Erzeugnisse, die aus zwei oder mehreren Käsesorten zusammengesetzt sind). Viele Käsesorten werden außerdem durch Zugabe von Gewürzen, Nüssen oder Kräutern verfeinert, so etwa der französische Mimolette, der Annatto (einen Farbstoff aus den Samen des Orléans-Strauches) enthält. Gearbeitet wird in drei Schichten: Rohmilchkäse-Schicht,. Schmelzkäse-Schicht und Molkenkäse-Schicht. Die Einteilung in die Schichten erfolgt durch freien Wunsch, je nach Geschmack sucht man sich an jedem neuen Tag seine Arbeit aus. Schmelzkäseschichten sind sehr beliebt, weil die Arbeiterinnen beim Schmelzen immer laut singen und sich gegenseitig massieren, die anderen Schichten sind etwas nüchterner, ohne Massage und Gesang. Die Arbeitsfreie Zeit wird oft zur Erholung im Milchumfeld genutzt, oder zu Ausflügen in andere Städte.
Am Abend wich das Sonnenblumengelb, das das Cafe von außen erhellte, einem satten Rot. Eileen verabschiedete sich von mir, ich war ihr sehr dankbar, in den nächsten Wochen sollte ich sehr profitieren von ihren Tipps und Fakten, das tägliche Leben betreffend.
Käsino, Installation im Brauhaus der cheese-city
Waltraud Gauda
Waltraud Gauda war Vorsitzende in der Gewerkschaft der Hartkäse-Hoblerinnen, ich traf sie anlässlich der Beschriftung des Titelbildes zum Reiseführer, da sie auserwählt wurde, die Statements zu sammeln und auf gerechte Auswahl zu achten. Waltraud arbeitete in einer Hartkäse-Steinfabrik im Stadtteil Wijnendale , mit ihrer Tochter lebte sie in einer dieser Ballungsgebiete von Wijnendale am Rande des Stadtorganismus. Sie entschuldigte sich für ihre gelbe Uniform, die sie normalerweise nur bei der Arbeit trug, ich begegnete ihr höflich abwinkend. Am Abend wurde die Gelbe mit den weißen Kleidern eingetauscht, ich wüsste bescheid über die Kleiderordnung in der Stadt. Weiß war die Farbe der Freizeit im Leben der Arbeiterinnen, diese weißen Kleider wurden jedoch an ausgewählter Stelle kunstvoll gefärbt, im drei-gärungs Farb-Druck, diese bildeten zu der farblichen Erscheinung immer ganz eigene Düfte, die zur Unverwechselbarkeit der einzelnen Kleider führten. Ich verabredete mich mit Frau Gauda. Da ich bisher niemanden kannte, fragte ich sie, ob sie mir etwas über die Produktion erzählen könnte. Und schon kamen die Zutaten nur so aus Ihr herausgesprudelt: z.B. der Brie, sagte sie kurz und souverän braucht
Die Dickmilch zerschlagen und einrühren, dann 1 Stunde in derWärmeummantelung stehen lassen. Das ist die Vorsäürung.Die Schimmelkultur vom Weiss-Schimmelkäse vorsichtigt, mit dem Messerrücken,abnehmen. In kleinen Stücken und ohne Käsereste!!!Das nun in die Milch geben, die Menge muss nicht übermässig viel sein,sonder es reichen eine paar Streifen.Nun 1 Labtablette in lauwarmes Wasser auflösen und einrühren.Bei 35 Grad in der Wärmeummantelung nochmal eine Stunde stehen lassen.Bruchbearbeitung ..Jetzt die sogenannte Fingerprobe durchführen, ob derKäse dick genug ist. Dazu nimmet man den kleinen Finger und schneidetwie mit einem Messer den Käse ein.Dann stellt man den Topf leicht schräg, wenn dann durch den Schnittein Schatten ensteht, ist der Bruch fertig zur bearbeitung.Wenn nicht nochmal 15 Minuten warten.Nun mir dem stumpfen Messer in 3 cm Quader schneiden und 5 Min. stehen lassen.Mit der Schöpfkelle den Bruch anheben um umlegen, auf die Seite.IMMER die Wärmeummatelung wieder draufsetzen.Nach weiteren 5 Min. Bruch mit der Schöpfkelle anheben und mit dem Messer zerkleinern auf Walnussgrösse. Wieder 5 Min. warten und dann ein weiteresmal auf Erbsengrösse bringen.Weitere 5 Min. später beginnt das ausschöpfen.Ausschöpfen ..den Camenbert in eine grosse Käseform (z.B. kl. Senfeimer)den Brie in eine kleine Form (z.B. kl Masacrponebehälter)Den Bruch ausschöpfen, die Kelle nicht zu sehr befüllen, abtropfen lassen,mit dem Handrücken den Fingern ein wenig nachhelfen.Ab nun bis weitere 15 Stunden:Die Form eine 1/4 Stunde bei 20 - 30 Grad stehen lassen.Nach der 1/4 Stunde die Form auf eine Schneidebrett wenden.Danach 2 mal im Halbstundenabstand und 2 mal im Stundenabstand, den Käsewenden, indem ihr die Form hochzieht, den Käse mit den Händen wendet, nur keine Angst ruhig und vorsichtig anfassen, dann die Form wieder darüberstülpen.Nachfolgend das Ganze ca. 3 mal im 2 Stundenabstand wiederholen.Salzen ..Es sind nun etwas 12 Stunden vergangen und nun wird gesalzen.KEIN JODSALZ VERWENDEN Auf dem Brett Salz verstreün, zürst den Rand einsalzen, mit den Fingern leicht einreiben, dann die Ober und Unterseite in das Salztauchen und mit den Fingern leich einreiben.Das Brett leicht schräg stellen, das überflüssige Salz wegtun,und den Käse nun auf das Brett legen. Den Käse gelegentlich wenden,damit die Flüssigkeit gleichmässig ablaufen kann.12 Stunden warten, ist nun der Käse noch nicht ganz trocken, weitere Zeit,bis zu 24 Stunden, warten.Reifung .. Ein paar tropfen Wasser in eine Kunstoffbox legen, deren Bodenmit einem weitmaschigen Gitter ausgelegt ist. Z.B. Malerrolleabstreifer.Bei 10- 15 Grad 2 Wochen reifen lassen, dabei alle 2 Tage wenden.Nach einer Woche bildet sich der Schimmel. Dann wollte sie übergehen zum Frischkäse, bevor sie mit den Zutaten begann, unterbrach ich Sie mit einem Toast auf Ihre Erzählkunst, ich machte ihr die schönsten Komplimente, was ihren Vortgragstil betraf, dann legte ich ihr meinen Vorschlag nahe, die anderen Käsesorten mit einem Wochenendausflug zu verbinden.
Waltraud war sofort begeistert über meinen Wissensdurst und schlug einen Tag am nächsten Wochenende vor, das Serum am Kleinen weißen Platz war ihr Lieblingsrestaurant, dort sollten wir uns treffen und von dort aus in den Stadt-Laib einfahren.
Wochenendkäse
Am Wochende also trafen wir uns im Serum,Waltraud Gauda trug ein nach Ingwer duftendes Kleid , das am Rücken mit Wurzelstrukturen in braun und grüntönen bedruckt war. Dies Kleid hatte sie sich, wie sie mir gleich erzählte, erst kürzlich zusammen mit ihrer Tochter Muskat in einer langen Nacht durchgefärbt. In der Nacht konnte der Gärungsprozess, der zum unverwechselbaren Duft führte genau kontrolliert und auch gesteuert werden, das Tageslicht führte nämlich zu Schwankungen im Duftkeil, der mit den feinen Fasern der Kleider zusammenhing. Muskat, die Tochter hatte sich extra von der Schule freigenommen für die Färbe-Aktion mit ihrer Mutter. sie wurde in der Schule zur Mehlschwitze ausgebildet, eine Mehlschwitze schwitzt das Mehl zu den verschiedensten Saucen, die in der Stadt gebraucht wurden, eine lange, aber geschätzte Ausbildung, es gab an die 15680 verschiedene Saucen, die gelernt werden mussten, daneben allgemeine Chemie, Biologie, Mathematik, Sprachen und Luftblasen. Zur Vollendung der Ausbildung konnte man der fertigen, nicht mehr kochenden Sauce noch Eigelb unterschlagen, sie durfte dann aber nicht wieder erhitzt werden. Muskat war danach zubereitet für das Erwachsenendasein in der Käsereibe, ihre Eltern dann stolze Muskat -Eltern. Ein langer Weg, der durch Kleiderfärbe-Aktionen mit der Mutter immer wieder erleichtert wurde. Waltraud Gauda erzählte mir auch von der Tourismusbranche. In der Tourismusbranche der Stadt arbeiteten Mann und Frau nach eigenem Zeitplan. Diese für die Stadt wichtigste Einnahmequelle wurde nur von den Studierten ausgeübt, so musste eine Käsedame jede Käsesorte kennen, die es in der Stadt gab. Es hatte einmal den Fall gegeben, dass eine Touristin aus der Dog City in einem Restaurant nach Blue Cheddar gefragt hat, darauf hin die Käsedame aus Scham, diesen nicht zu kennen, sich auf die Toilette zurückgezogen hatte, bis am sie am nächsten Tag von den Putzkräften entdeckt wurde. Nach kurzen Recherchen stellte sich heraus, dass es keinen Blue Cheddar gibt und die Toiletten-Aktion völlig unnötig war, hätte die Frau nur nicht Unsicherheit gezeigt, sie wurde daraufhin zur Milchtesterin umgeschult. Im frühen Kindesalter wurden schon die heimischen Käsearten in der Familie durchgenommen, im Käsehort ging es dann für die 3jährigen weiter mit den Käse-Sorten und in der Schule wurden nach und nach die internationalen Käsesorten zugelernt. In Sachen Wein wurden die SchülerInnen zusätzlich ausführlich belehrt und sensibilisiert, während die Wurstschulung zu kurz kam, was oft zu peinlichen Zwischenfällen der Cheesler in der Wurst City führte
Im Großen und Ganzen besteht das Umland der Cheese City aus saftig grünen Wiesen und Weiden für die Milchkühe und Schafe. Dieses Umland heißt Milchumfeld und ist ein gern genutzter Ferienort für Städter aller Coleur. Seien es die Weinsiedler, oder die Wursties, es trifft sich gerne auf einem kleinen Käsehügel im Milchländle, wo die schönsten Gasthäuser stehen. Im Winter laden diese zu Raclette-Abenden am Kamin nach kalten Tagesausflügen. Auch hier sagen alle „Cheese“ beim Fotografieren. Die Landbewohner werden Bonbel genannt, Bonbel deswegen, weil auf dem Umlande das Leben noch wenig gewürzt und angereichert durch chemische Zusatzstoffe ist. Die Bonbels sind einfach Geschöpfe, die sich mit Melken und Gären begnügen, die Kommunikation findet direkt statt, ohne gentechnisch aufwendiges Gerät. Bonbel-Kurt ist ein besonders weicher und cremiger Schnittkäse. Als frisch vom Laib abgeschnittenes und vakuumiertes Stück Käse, ist er eintypisches Beispiel für ein Landei, wie man es häufig trifft im Milchumland. Bonbonel-Kurt ist heute auf der Bergspitze beim Klettern mit seinen Freunden Bon-Klausi und Bon-Michi.
Muskat Bechamel, die Tochter von Waltraud Gauda
Bei einem Besuch bei Waltraud Gauda lernte ich ihre Tochter kennen: Muskat Bechamel, sie war sehr entzückend und reizvoll gekleidet, wir saßen zu dritt im Frühstücksraum des Familienhochstandes. Louis de Bechamel, der Ehegatte von Muskat war mit den Bonbonels auf der Jagdt nach dem grünen Camembert, der sein Unwesen in der Käsheide trieb. Louis arbeitete für die Regierung der cheese-city, Waltraud und Muskat wussten eigentlich nichts über seine Arbeit, nur dass sie der absoluten Doppelrahmstufe unterlag - Geheimstufe FETT genannt. Hatte sie ihn gefragt, was er den ganzen Tage mache, so sagte er nur, er kümmere sich um die schwarze Rinde und ihrer verlorenen Seelen.
Muskat beschrieb mir das Umfeld der Cheese-City in blumig-vanilliger Sprache.
Landausflug
An einem cremig-sonnigen Tag lud mich Muskat ein in eine berühmte Vorstufe der Stadt zum Gashopping. Ich war sehr aufgeregt, Muskat hatte mir schon viel erzählt von den Traumartigen Reisen beim Gashopping.Wir fuhren mit der Käsebahn an den Fettarmen Rand auf einen Rastplatz, dort standen eigenartige Gefäße in einer Milchlacke. Die Gefäße hießen Quarks. Die Quarks schwabbelten hin und her und ich dachte sie könnten jederzeit platzen und uns mit Schleim bedecken. Muskat beruhigte mich indem sie eines der Quarks berührte, dadurch erwirkte sie per Handauflegen einen Übergang vom flüssigen in den gasförmigen Aggregatzustand, diesen bezeichnete sie als Verdampfung (oberhalb des Siedepunktes) oder Verdunstung (unterhalb des Siedepunktes), den umgekehrten Übergang vom gasförmigen in den flüssigen Aggregatzustand als Kondensation. Der direkte Übergang vom festen in den gasförmigen Aggregatzustand war die Sublimation, der umgekehrte Übergang vom gasförmigen in den festen Aggregatzustand hieß Resublimation. Wir stiegen ein in das gasförmige Gefährt und fuhren davon. Unerklärlicherweise fuhren wir nach unten durch die Milchlacke in die Tiefe, begleitet von Glühwürmern, die uns umkreisten und die Dunkelheit abschirmten. Muskat lag schräg über mir, so dass ich ihren Atem spüren konnte während der Fahrt. Zum ersten Mal sah ich blaue Erde, auch die Lebewesen unter dem Erdlaib waren blau, ab und zu tauchten wir durch Schimmelpilze hindurch. Nach einer Weile tauchten wir mit unserem Quark in eine fette schleimige Privatsphäre ein, die Bewohnerinnen hockten zu diesem Zeitpunkt vor ihrem Fernriechkäse und schauten sich Brousse du Rove an, auch Fromage frais de corne (übersetzt etwa Frischkäse im Horn) genannt, dies war eine französische Frischkäse-Show aus Schafs- oder Ziegenmilch. Sie wurde in der Provence produziert. Neben den humorvollen Ziegenaufnahmen gab es wenig interressantes für mich dabei. Danach handelte das Programm von einem weichen Frischkäse mit süßlich-milden Geschmack, der in 9 Zentimeter hohen konischen Plastikbechern angeboten wurde. Das Fernriechprogarmm wurde abgedreht, als wir in ihre Athmosphäre eintauchten, die Bewohner, die Familie Brimsen stellte sich uns höflichst vor, was mich sehr beeindruckte. Sie waren ob unseres überraschenden Besuchs in ihre private Späre nicht geschockt, oder genervt, im Gegenteil, sie luden uns sogar zum Abendessen ein. Die Familie Brimsen stamte aus dem slawisch Bryndza, dieser Begriff wurde allerdings von den slawischen Sprachen aus dem rumänischen brânzÄ� (= Käse) entliehen), ihre Familie bestand aus Schafsmilch, der heute vor allem in der Slowakei und Polen, im östlichen Österreich sowie in Rumänien unter dem Namen BrânzÄ� hergestellt wird. In vielen Ländern der ehemaligen Sowjetunion ist die Familie Brimsen ebenfalls verbreitet, meist unter dem Namen Brynsa (Брынза). Der Brinsenkäse ist eine Spezialität aus den Karpaten. Der erste industrielle Betrieb für die Herstellung wurde 1787 in Detva (Mittelslowakei) gegründet. Leider mussten wir nach dem Abendessen schon wieder aufbrechen mit unserem Quark, da die Leihgebühr sonst zu hoch geworden wäre.
Bei Muskat zuhause
Muskat lud mich nach dieser Frühlingsquarkreise durch den Untergrund zu sich nach Hause zum Essen ein, ihr Mann Louis sollte über Nacht weg sein und so hatte sie ihre Bechamel-Creme für sich. Sie kochte mir Spargel aus der Gemüsestadt mir einer leichten Kräuter-Sauce. Bei fortgeschrittenem Abend und nach angeregten Gesprächsthemen zeigte Muskat mir ihre Süß-Molke. Ich war sehr aufgeregt.
Molke war die wässrige grünlich-gelbe Restflüssigkeit, die bei der Käseherstellung entstand. Sie bestand zu 94 % aus Wasser, zu 4–5 % aus Milchzucker und war nahezu fettfrei. Außerdem enthielt sie Milchsäure, die Vitamine B1, B2 (dies bewirkte eine grünliche Farbe) und B6, Kalium, Calcium, Phosphor und andere Mineralstoffe, doch vor allem 0,6–1 % Molkenprotein. Das war deutlich weniger Eiweiß als in der Milch. Dort war das Kasein Haupteiweiß. Es gab zwei Sorten von Molke. Das war zum einen die Lab- oder Süßmolke, die entstand, wenn Milch mit Lab zur Käseherstellung dicklag. Die zweite Sorte, die Sauermolke, entstand, als Milch mit Milchsäurebakterien behandelt wurde. Nachdem das Eiweiß (der Käse oder Quark) abgetrennt wurde, blieb die Molke übrig.
Aus der Molke wurde teilweise noch Molkenkäse . Muskats Molke wurde auch verschiedenen Erfrischungsgetränken (z.B. Rivella, diese enthält das sog. Milchserum, oder Lattella) zugesetzt. In ihrer Kosmetik hatte sie die Molke ebenfalls verwendet: Sie hatte sie zum größten Teil auch als Trockenpulver für industrielle Anwendung zwischengelagert. Ihr eiweißhaltige Molkepulver fand in Bäckereien, bei der Fertignahrungsherstellung und in den Molkereien selbst keine Anwendung. Auch Bier wurde aus ihrer Molke nicht gebraut. Wie ich an diesem Tag bei Waltraud Gauda feststellen musste wirkte ihre Molke aphrodisierend auf mich , so landete ich mit Bechamel in ihrem großen Milchbett, das mit orientalischen Gewürzen durchzogen war, die Louis von fernen Reisen mitgebracht hatte. In dieser Nacht führte mich Muskat Bechamel in ihre reichhaltige Duftwelt ein. Nach diesem Abend begehrte ihre Molke mehr als alles andere in der Welt. Sie gab sie mir hin und mehr als das, ich verschlang ein Teil ihrer Saucen, die sie in der Nacht verströmte.
Der grüne Spor
Nach einigen Wochen, ich hatte meine vergehende Zeit mit der verlaufenden Zeit in der schönen Neuen Duftwelt synchronisiert, d.h. ich konnte endlich Termine mit Waltraud ausmachen, ohne mich zu verspäten, war ich wieder auf dem Weg zu ihrem Wohnort. Auf der Dallenwiler Wychäs-Straße schlendernd, stupste mich plötzlich etwas von oben auf meine Kopfhaut, ich dachte zuerst an Taubenscheiße, verwarf dies aber schnell, in der chees-city gab es keine Tauben und schon gar keine Taubenscheiße, es gab wenn dann fliegende Parmigiano ohne Ausscheidung. Ein Pusten hinter mir signalisierte ein Wesen , ich drehte mich um, vor mir stand plötzlkich der kleine grüne Spor mit einem Lächeln unter der Lamellen-Visage. Ich streckte ihm meine Hand entgegen, er entgegnete mir mit einem seiner giftgrünen Rezeptoren. Auf die Frage, was er hier mache, erwiderte er mir, dass er mich ein Stück des Weges begleiten wolle. Ich bejahte und sofort sprang er auf meine linke Schulter, er war leichter als ich dachte und er fing an lustig zu pfeifen. Vergnügt piepste er mir ins Ohr und verspühte dabei einen Mundgeruch, der wie ein feiner Hauch von Camel No 5 daherkam. Ich begann zu hüpfen in der Hoffnung, der Spor würde von mir abfallen, der Pamesanbelag am Boden bekam schon Löcher, so fest sprang ich auf den Boden, der Spor blieb. Er hielt sich mit seinen Lamellen an mir fest wie eine Klette. Ein geselliger Knabe, dachte ich bei mir und verlangsamte meinen Gang, bei genauerem Hinriechen bemerkte ich einen leichten Duft nach Kräutern der Provence, den er absonderte. Kleine Oregano-Sporen sonderten sich von seinem Körper ab und begannen ein Eigenleben auf meiner Kleidung, sie pfiffen sogar leise seine Melodie nach. Mir wurde unheimlich dabei und forderte ihn auf seine eigenen Weg zu gehen. Er aber blieb vergnügt seine Sporen weitersprühend und fragte mich dreist, wo ich den hinginge. Ich verriet ihm nichts von Muskat, er war zu neugierig. Später bemerkte ich dann, dass er aussah wie ein kleiner grüner Giftpilz, der mich auf dem geheimen Weg zu meiner Geliebten vergiften wolle, nachdem er mir die Geheimnisse mit seinen olfaktorischen Saugnäpfen entlockt hatte. Ich erzählte ihm vom Wetter in der Alten Welt, von den täglichen Schwankungen, von dem warmen Sommer, dem windigen Herbst und dem kalten, verschneiten Winter, dann schüttelte ich ihn ab und begann zu laufen, bis ich mir sicher war, dass er mir nicht mehr folgen konnte. Muskat war sehr verwundert, als ich ihr vom grünen Spor erzählte, sie warnte mich vor den Sporen des städtischen Geheimdienstes und glaubte, er würde um ihr Haus schleichen. An diesem Abend schliefen wir bei geschlossenen Fenstern und ohne Lichtkäse. Sie schlif unruhig in dieser Nacht.
Am Morgen
Muskat weckte mich, sie war total aufgelöst, nahe am Verdunsten, sie erzählte mir von ihrem Traum, eine Art Reifeprüfung. Im Traum war es auch morgens nach dem Aufwachen, ich lag neben ihr mit einem Frankfurter Wurst Kostüm, ein Zipfel am Kopf. An diesem Morgen schmeckte sie sich heftig. Vorher hatte sie nur Saucen richtig abgeschmeckt, sie dachte an Mehlschwitze, an Frischkäse, es war aber mehr als einfacher Frischkäse. Ihr Mutter tauchte auf, sie sprach von der weiblichen Reife: Muskat, die Frühe Reife ist das schönste was sich eine weibliche Sorte wie wir vorstellen kann, keine Kompostlerin kann das fühlen, Reife in allen Aggregatzuständen, bis zum Höhepunkt, dem weiß-blauen Schimmelerguss. Im Traum-Bett aus Weichkäse lag sie an diesem Tag wie in tausend Baby-Bonbonels gebettet, die einfallende Sonne verstärkte den Prozess, der ihren Körper veränderte. Heiße Milch floss über die Haut in jedes kleine Pörchen, kleine Butterwölkchen machten sich aus der Haut selbständig und standen im Zimmer wie kleine Schäfchen auf der Weide des Milchumlands.
Albtraum
Muskat erzählte mir auch von einem immer wiederkehrenden Albtraum: sie sitzt im Gasflugzeug in fünftausend Meter Höhe zusammen mit Hundert anderen Fluggästen auf dem Weg in die Wurst City, plötzlich fällt ihr ein, dass sie im Gepäckfach eine Packung Chips liegen hat lassen. Sie öffnet das mit Wachs überzogene Kunststoffkäse-Gepäckfach und sucht ihre Chips-Packung. Ganz hinten, mit den Händen kaum zu erreichen liegt es, das Chipspaket, es ist total aufgebläht, wie ein Magen nach einem Stinkerkäsefrühstück. Die Aluminiumkäsehülle ist bis auf den letzten Winkel mit Gasen gefüllt. Waltraud kommt mit den Händen nicht zu den Chips, plötzlich bewegt es sich nach oben, es fängt an zu schweben, sie geht in Deckung, es schwebt durch den Passagierraum auf die gegenüberliegende Seite ins Gepäckfach. Schnell schließt sie den Deckel, es wird still, Sekunden vergehen, sie denkt an den Käse, der die Chips zum Gären bringt, getrockneter Käse unter Druck ist nicht mehr zu kontrollieren. Vor Waltrauds Augen gärt und rumort es im Gepäckfach, die zerstäubten Zwiebeln auf den Chips wirken wie Zündpulver in einer Bombe. In der Chipsbombe geben sie den ersten Anstoß für die tödliche Kettenreaktion bis zum großen Knall. Käsechips durchstoßen wie Granatsplitter das Gepäckfach. Die gelben scharfen Scherben durchstoßen das weiche Wachs in jede Richtung, danach durchbohren sie ohne Vorwarnung Sitzkäse, Laufkäse und Stehkäse im Flugzeug. Aus den ausgerichteten Beleuchtungskugeln schießen die Chips, geleitet in verschiedene Richtungen auf erstarrte Köpfe. An Chips denkt im Moment der Explosion niemand, Terrorrufe gehen durch die Sitzreihen. Kein Gas, kein Feuer, kein Rauch, nur Splitter und dann Käsestaub. Die Unverletzten schauen gierig auf das Blutbad, niemand denkt auch bei diesem Anblick an Chips im Luftbeutel, die Splitter sind in den Käsemöbeln und Köpfen der Nächsten verschwunden, einige wenige sind stecken geblieben, gelbe, aber auch rote Chips, kaum noch als Fremdkörper auszumachen in der Einheitssoße aus Cheddar Cheese und Blut. Bechamel liegt am Boden und atmet kaum noch, sie hört Stimmen, sie wacht auf, ihre Haut ist total weiß von verschwitzter Milch, Ihr Mann Louis sitzt neben ihr und reicht ihr eine Erfrischung.
Dreikäsehoch
Nach 3-4 Käsemonden überfiel mich eine stille Melancholie, die mich, wenn ich nicht mit Muskat und Ihrem Louis beschäftigt war, zu mir selbst brachte. Dies bedeutete ich saß in meinem eigenen Mief und sinnierte über mich und meinen näheren Dunstkreis. Ich lag oft alleine im Milchkaffee und ließ mir den Schaum über den Kopf laufen, was ein sehr feuchtes aber angenehmens Gefühl bedeutete. Die Melancholie, die mich im Milchkaffeebad wie ein kalter Cappuccino überfiel, ging oft einher mit dem Heimweh an die gute alte Welt. In kurzen Gedanken rezitierte ich das Wikipediamandala: Idealerweise entsteht Cappuccino mit einem Espresso von ca. 40 ml in einer etwa 120 ml fassenden Tasse, der zügig mit halbflüssigem cremigem Milchschaum (ca. 50 % Luft) aufgegossen wird, bis die Tasse voll ist. Hierdurch setzt sich die braune Crema des Espresso oberhalb des Milchschaums ab und gibt dem Cappuccino sein charakteristisches Aussehen. Unterhalb der weiß-braunen Haube verbindet sich etwa die Hälfte der Milch mit dem Espresso, während die andere Hälfte mit der Crema als Schaumhaube erhalten bleibt. Der Milchschaum sollte nicht über 70 °C erhitzt werden, weil dies die Fließfähigkeit der Milch herabsetzen kann und der Cappuccino eventuell den Geschmack von gekochter Milch annehmen würde. Für das Gelingen einer braunen Haube aus der Crema des Espresso ist die Milchschaumkonsistenz, Temperatur, Gießgeschwindigkeit und vor allem die Qualität der Crema entscheidend. Deswegen werden seltener reine Arabica Espressi für Cappuccino verwendet, sondern Robusta-Arabica Mischungen zwischen 10/90 und 40/60. Der kleinere Teil ist jeweils der Robustaanteil, der für eine gute Crema auf dem Espresso sorgt. Einmal, während der Rezitation wurde ich überrascht von einem Dreikäsehoch, ein kleiner Junge stand plötzlich an meinem Milchkaffeebad und starrte mich an wie einen Außerirdischen. Wahrscheinlich dachte er ich wäre aus der Wurst-City hervorgekrochen mit meinen Wurstfingern und dem Geruch nach Schweinefett. Natürlich versuchte ich mit Ihm sofort zu kommunizieren, aber es schien, dass er mich nicht verstand, also versuchte ich Körpersprache, worauf der Dreikäsehoch sich zusammenzog zu einem Zweikäsehoch. Nach einer Zeit der Stille kam plötzlich ein Ton aus ihm heraus, es ploppte wie beim Öffnen einer Bierflasche aus ihm heraus,ich sah den Kronkorken vor meinem geistigen Auge auf mich zufliegen und klatsche in die Hände um Ihn zu fangen. Er strahlte nun, meine Melancholie war verschwunden. Ich ploppte nun vergnüglich mit Ihm, es schien ihm zu gefallen, ich fühlte mich wie auf einer Party, wo ein Bier nach dem andern getrunken wurde, ohne zu reden, nur das Ploppen der Kronkorken und das Schlürfen der kalten Brühe mit einem satten Schmatzer zum Schluß. Der Dreikäsehoch ging zum Schluss natürlich mit einem derben Rülpser, dem ich leider nichts entgegnen konnte, da ich leider nur im Milchschaum stand und auf den Cappuccino wartete.
Champignons-League
Fußball-Endspiel in der Champions-League, Cheese City gegen Wurst City
Das Stadion am Rande des Stadt-Organismus, ein loser Zusammenschluss aus Gasfeldern, war kurz vor meiner Ankunft frisch genmanipuliert worden. Im Unterschied zu den Stadien der alten Welt, die einen kompakten Baukörper bilden, bewegten sich die Spielbiosfelder, die Zuschauerbiosfelder und die Medien-, Technikbiofelder dynamisch zueinander. Die täglichen Spiele fanden in kybernetischen Biospielfeldern statt. Zu Beginn tritt immer ein Mascarpone ein milder, cremiger Frischkäse aus Crème fraîche und Sahne in die Arena um die Hymne zu singen; fermentiert mit Kalbslab, und je nach Marke etwas Buttermilch sang die Hümne der cheese city zwischen den 222tausend Zuriechern heute Mascherpa [mas'kɛrpa] auch Mascarpia genannt, der ursprünglich aus dem lombardischen Lodi stammte.
Die 222 Spieler-Bonbels liefen geordnet in die Spielsphäre ein, begleitet von tosendem Applaus der 1700000 Zuriecher, verteilt auf 1800 Gastribühnen. Unter den Spielern waren die Stars der Cheese City Dolce latte, Roque Fort und der schwedische Neuzugang Ädelost und die Stars der Wurst City Hadi Salami ….
Louis de Bechamel war Sponsor von Borrussia Kässtadt und erhielt einen Dauer-Logenplatz in der VIP-Blase, Muskat begleitete ihn oft zu den Spielen, sie liebte das Dufttribbling der kleinen Bonbonels. Auch für mich bekam Louis eine Karte und so schnüffelten wir 14 nach Harz zu dritt das Endpiel der Champions-League.
Borussia Kässtadt durfte Ankicken, Eintracht Wurststadt die Felder wählen. Das Spiel begann um Mitternacht, die Zuordnung der Spieler zu den Mannschaften funktionierte nasal, die Borrussia-Spieler trugen Schimmel-Trikots, die in kurzen Intervallen strenge Sporen von sich gaben, die auch zur Kommunikation unter den Bonbonels diente. Die Eintracht-Trikots bestachen durch ihren strengen Lederduft, der Sturm trugt Schweinsleder, das Mittelfeld Rindsleder, die Torwurst trugt eine Dickdarm-Schlangenledermischung, um möglichst dehnbar zu bleiben.
An diesem Tag gewann leider die Wurstformation, Hadi Salami köpfte in der 2789 Minute zum 344 zu 333 ein, danach war das Gas raus bei den Käskloppern.
Im Cafe
Neben uns am Tisch saßen Touristen aus der Wine-City. Ein extrem trinkfreudiger Cuvée aus Zweigelt und Blaufränkisch mit sauberer Frucht, runden Tanninen und guter Struktur. Der Bestseller von Gernot Heinrich, daneben ein kräftige und opulente Zweigelt mit tiefer Amarenakirschfrucht, balancierten Tanninen und geschmeidigem Abgang. Gegenüber ein Saftiger, trinkfreudiger Zweigelt, gekeltert von Josef Umathum in Zusammenarbeit mit der Winzergenossenschaft Andau und eine Eine vom Preis-/Leistungsverhältnis schwer zu schlagende, elegante Reserve mit Anklängen von Kirschen und Beeren, die von feuriger Würze gestützt werden. Feine Röstnoten, anhaltender Abgang. Alle vier waren heiter bis betrunken.Im Abgang waren sie laut wie Krähen.
Im Bad
Einige Tage, nachdem mich der grüne Spor auf der Straße überraschte, hatte Muskat Karten für das Säure-Bad Kirkham's Lancashire gekauft, um im Bad Fettstrukturen abzubauen. Wir hatten ausgemacht uns im Whirlpool zu treffen, nachdem wir ein paar Bahnen geschwommen waren. Als ich im Whirlpool aus der obergärigen Flüsigkeit auftauchte traute ich meiner Augen nicht, denn es saß ein roter Spor am Beckenrand. Schnell tauchte ich wieder unter in der Hoffnung, er wäre bei erneutem Auftauchen verpufft wie heiße Luft. der rote Spor stellte sich vor als Konidien Rouge der ERSTE und es kam noch viel schlimmer, die kleinen Sporen, die er absonderte, die mir entgegensprangen stellten sich auch vor Konidien Rouge der ZWEITE, Konidien Rouge der DRITTE usw. Die Konidienkonzentration im Becken stieg in kurzer Zeit auf mindestens 25 keimfähige Sporen an, die sich allesamt bei mir vorstellten.
Die Konidienkonzentration muss zwei Millionen keimfähige Sporen auf einem Liter Milch aufweisen, damit das Risiko eines Befalls mit Fremdschimmel ausgeschlossen ist. Ich war in Gefahr und verließ deshalb schlagartig das Becken, die Sporen hinter mir her. Ich lief einige mal um das Becken herum, hinter mir 20-30 keimfähige rote Sporen wild quietschend. Im Becken wurde es unruhig, die Schwimmenden Käsegestalten begannen Gase abzusondern, es blubberte richtig im Becken, ich lief immer schneller hinter mir immer mehr Sporen. Muskat erlöste mich, indem sie mich ins Becken zog und mich unter Wasser drückte. Ich musste kurz die Luft anhalten, dann zog sie mich in eine überdimensionale Luftblase, in der es streng nach vergorener Milch roch, besser ersinken als ersticken dachte ich bei mir und umarmte meine Retterin. Rote Sporen seien kein gutes Zeichen meinte sie und fuhr mit der Luftblase durch den Boden des Schwimmbeckens in die Erde. Wieder durchquerten wir blaue Erde mit allerlei Erdwesen und Käsegesteinschichten, die Sporen konnten uns nicht folgen, da sie ihr Gefährt nicht im Bad dabei hatten und Muskat das einzige Rettungsgefährt des Bades nahm.
Hüttenkäse
Im Sommer, ich war schon ein fester Bestandteil in Muskats zweitem Leben, im ersten führte sie mit Louis ein ganz normales Ehedasein, trafen wir uns mit der WAR in Louis Hüttenkäse am Butterberg. Ein kleiner Parmesan-Steg führte zu einem kleinen Sahneflüsschen. Die komplette WAR, bestehend aus zwanzig männlichen und drei weiblichen Sorten. Am Nachmittag bereiteten wir Häppchen und Milchshakes bei herrlichem Sonnenschein. Muskat huschte durch Garten und Hüttenkäse , der Schweiß färbte ihre Kleidung braun, ihr Duft war überall zu spüren. Als Highlight des Abends sollte von den Bobonels eine Miniatur des Stadtorganismus präsentiert werden, ein echtes Model der cheese city im Maßstab 1:1000. Wir hatten tagelang gebäude modelliert und geschnitzt, ein Computer half uns bei der Form, ein olfaktorischer Drucker parfümierte alles auf grund einer Datenbank, die von dem Duftamt zur Verfügung gestellt wurde, die Straßen waren mit Straßenschildern ausgestattet, sie hießen z.B.:
Kaçkavall-Straße, Beauvoorde-Straße, Brusselse Kaas-Straße, Damme-Straße, Limburger-Straße, Maredsous-Straße, Passendale-Straße, Père Joseph-Straße, Plateau de Herve-Straße.
Irgendwo in der Mitte bewegte sich ein biomorphes Parlament durch das ganze Modell. Das Modell wurde durch Gährungstransporter in den Hüttenkäse verfrachtet, er bildete das Dach, das bei der feierlichen Präsentatino in den Raum einsinken sollte. Die einzelnen Mitglieder der WAR trudelten gegen Spätnachmittag einzeln ein. Zuerst kam Saint Felicien de Lamastre, danach Pecorino, der eine Käseglocke zum Musizieren dabei hatte.
Als letzter Gast kam Rocke Fort in die Hütte, in der sich schon 23 Sorten der WAR befanden. Er stank unglaublich, wahrscheinlich hatte er tagelang in der Sonne gelegen. Die anderen Mitglieder, selbst der Vorsitzende Saint Felicien de Lamastre verließen schlagartig den Hüttenkäse, ich blieb alleine zurück, Muskat war am Dach bei den letzten Vorbereitungen. Rocke Fort, er war der Cousin des berühmten Fußball-Sturms, setzte sich mir gegenüber und versetzte mich durch seine Ausdunstungen in eine Art Trance, in der ich mich nicht aufrichten konnte. Seine ersten Worte mir gegenüber waren ein zweiter Schlag auf meine noch funktionierenden Rezeptoren: „Die Revolution wird uns alle zu Märtyrern machen, auch wenn wir dabei zerlaufen wie Schmelzkäse.“ Ich brachte ein leichtes Lächeln auf meine Lippen, zu einer Antwort war ich nicht fähig. Er sprach ungehemmt und in strengem Ton weiter über die Revolution und wie alles erneuert werden, auch mir prophezeite er eine neue Reifungs- Phase, in die mein Laib eingehen sollte. Er sprach eine halbe Ewigkeit bis Muskat mich erlöste und Rocke nach draußen brachte. Sie stellte ihn zu den Bonbonels, denen er ununterbrochen weiter von der Revolution berichtete. Sie nickten und sahen dabei dufte aus. Muskat betrat die Hütte wieder, in der ich nun alleine saß. Wir hatten nun eine gute Gelegenheit, um die Überraschung in den Raum zu senken. Muskat gab einen Vanille-Duft ab und sofort begann sich die Decke zu senken. Mir wurde ganz schwindelig bei dem Anblick, der sich in reinen Duft kehren sollte. Das Modell fuhr nämlich durch uns hindurch zum Boden, es wurde dunkel, ich konnte die einzelnen mühsam erbauten Objekte nur noch schmecken: Tiroler Graukäse-Wohnblocks, Vorarlberger Bergkäse-Straßen, Olsztynski-Palast, Oscypki-Straße, Podhalanski-Denkmal, Trapistaw-Schule, Twarogowy-Bad, Pico-Brücke, und vieles mehr. Die Wände liefen uns davon, nun war alles öffentlich, ein Applaus beendete unsere Nervosität, die gesamte WAR begann zu jubeln und erstaunt durch die kleine Stadt zu wandern. Die Bonbonels zeigten mit ihren Rezeptoren auf das Parlament. Das Parlament als Highlight bewegte sich langsam durchs Model, es unterschied sich nur durch ihre glatte, porenfreie Oberfläche. Ein geheimnisvoller Geldgeber war am Abend gekommen, er war mit Pappkarton verkleidet und hatte eine rote Perücke auf. Er war der WAR nur als Geldgeber bekannt.
Muskat hielt eine kurze Rede, ich war sehr stolz auf sie, Louis hatten natürlich keine Ahnung von dem Aktionismus seiner Frau. Am Abend dann, die Mitglieder der WAR waren allesamt betrunken, selbst der stinkende Rocke war durch die Gärungsprozesse zu ertragen, war es meine Aufgabe die Show zu vollenden. Ich durfte das Parlament-Modell sprengen. Eine Explosion, so als würden 30 Milch-Tetra-Packs durch vergärte Milch gleichzeitig explodieren, zerfetzte das Parlament, Milchschaum und Muskatstaub senkte sich über den gelungenen Abend.
Die heilige Hefe
Neben dem Parlament gab es einen bioauratischen Ort in der Cheese City, der nur mit unseren Kathedralen und den fernöstlichen Heiligen Stätten zu vergleichen war. Muskat führte mich am Tag der heiligen Gärung zu diesem Ort. Wir mussten uns durch Bakterienkulturen und Bonbelansammlungen drängen, bis wir endlich den Bruder von Waltraud, Siddharta Gauda trafen. Siddharta war in jungen Jahren schon zum Pasteur ausgebildet worden, Waltraud kannte ihn eigentlich nur aus der Kinderzeit, sie sah ihn nur am heiligen Groß-Gärungsfest, an dem er die ganze Familie einlud am Hefedienst teilzunehmen. Ich wurde nur ungern eingeladen worden, weil ich durch meine Herkunft zu viel Abstand zum Geschehen haben könnte, ich hätte sogar zu analysieren und zu beschreiben anfangen können. Siddharta führte uns zum einzigen Eingang, den die Auserwählten in die feine Masse nehmen konnten, alle blasenartigen Eingänge bewegten sich über die Oberfläche des kubisches Gebildes. Neben 73 anderen Pasteurs kannte er den Eingang zu jeder Zeit, er wollte mir den Unterschied zu den anderen Eingängen nicht nennen, nur geschulte Rezeptoren kannten den Weg. Es roch auffällig nach Zucker, ich dachte eine kurze Zeit durch Zuckerwatte zu gehen, dünne weiße Sporen bildeten diese Zuckerwatte, die sich beim Eintreten langsam verdichtete zu einer trockenen Flüssigkeit. Waltraud ging vor mir, ihre Nase erinnerte sich an den Weg, wir gingen vorbei an anderen Pasteurs, die in einer sämigen Flüssigkeit badeten. Im Innern der kubischen Hefe gab es keine rechten Winkel, ich sah wie eine schleimige Wolke durch Lichteinwirkung zum Schäumen gebracht wurde, dann hörte ich eine Stimme, Siddharta ermahnte uns zur Andacht, nach fünf Minuten Bewegungslosigkeit ließen wir uns in einen Hefepilz fallen und treiben. wir schwammen durch Lactosemantras, zwölfsilbrige Rechtsdrehungen, danach hundertsilbrige Eiweismantras, zum Schluss das Herzkäsemantra: OM MANIG PEMEKESE HUNGER, 1983fach rezitiert von einem Hefepilz im Lotussitz. Danach Ruhe, meditatives Treiben. Plötzlich hörte ich eine Stimme, mehrere Stimmen, Echos überlagerten die eine Stimme zu einem mehrstimmigen Koral.
Die Stimme sang: Halleluje, Ihr Weißen, ich begrüße euch in der heiligen Hefe, meine Pilzchen, ihr wisst alle was ich von euch erwarte: Lasst euch gehen, Käse muss laufen – statischer Käse ist zum Stillstand verurteilt, Zerlaufen ist unser einziger Zustand, indem wir dem höchsten gasförmigen Zustand nahe sind. Das Harte und das Weiche sind nur Illusionen, Starre Käsestruktur ist zur Starre verurteilt, was Starr war muss zum Schmelzen gebracht werden“. Ein Gesang setzte ein, ich bekam den Schluckauf bei dem Gesang, der mehr Blubbern, denn Melodie war, ich schlief irgendwann ein und träumte von Spaghetti-Eis mit Erdbeersauce.
Peyote City
Der Trip in die mythenumwobene Stadt begann mit einem Seminar. Zu gefährlich war es unvorbereitet in die Stadt zu reisen. Unzälige Opfer gab es, die die aus der Stadt nicht zurückkehrten. Darunter der bekannte Schriftsteller und Meskalinforscher Aldous Huxley. Im Frühjahr 1953 nach alter Zeit begab sich dieer auf seinen Trip in die Peyote City und kehrte nie wieder zurück. Nur eine Schriftrolle mit dem Titel „Die Pforten der Wahrnehmung“ die 1954 in London gefunden wurde gibt Rückschlüsse auf seine Freuden und Qualen, die ihm in der unerforschten Stadt wiederfuhren.
Im Meskalinseminar mussten wir auch diese Schrift lesen und diskutieren. Verschiedene Übungen u.a. das richtige Athmen und das richtige Sehen machten mir viel Spaß im Seminar. Jedoch war alles nur Theorie und je länger das Seminar dauerte desto ungeduldiger wurden alle Teilnehmer. Waltraud bereitete mich am Abend vor unserm Trip noch ein letztes Mal vor, sie sprach aus, was im Seminar kein Thema war:
Der Peyotekaktus enthält über fünfzig bekannte Alkaloide. Je nachdem wie viel Wasser der Kaktus enthält, schwankt der Alkaloidgehalt zwischen 0,5 und 2,5%. Getrocknete Buttons können bis zu 3,7% Alkaloide enthalten. Von der großen Anzahl der Peyote-Alkaloide ist nur vom Meskalin eine deutliche psychoaktive Wirkung bekannt. 1 g getrocknetes Kaktusmaterial enthält ca. 10mg Meskalin.
Ich schlief sehr fest in dieser Nacht, keine Träume, keine Störungen, am Morgen war ich topfit. Muskat nahm mich in Ihre Turbo-Blase und mit 300kmh bohrten wir uns durch Vorstädte und Wüstengebiete um die Cheese City, bis plötzlich am Horizont längliche Gebilde erschienen, es waren tausende. Je näher wir kamen desto deutlicher erkannte man diese Gebilde, sie glänten leicht grünlich und leuchteten von innen. Kaktusähnliche Gebilde, jedoch aus einem gläsernen Material. Die Stacheln wirkten wie Fernseh- Antennen und die Luft die sie umgab, wie Nebelschwaden, die sich nicht bewegten. Noch waren wir in unserer geschützten Blase, die Luft war rein, also stiegen wir hinein in den Nebel der tausend tanzenden Sporen.
Das Leben findet hauptsächlich im Untergrund statt, da die Sonnenhitze Einwohner und Touristen zum Schmelzen bringen würde.
Weiße Armee Fraktion
Trotz der hohen Lebensstandards und der höchsten Zufriedenheit der Bewohner der Cheese City entwickelte sich in den Jahren nach Harz eine kleine Gruppe von unzufriedenen jungen Feinschmeckern im Untergrund, der sogenannten „Gallerte“, Treffpunkt war das Dickicht im Vorwald von Cheese City. Ihre selbsternannte Aufgabe: die Stadt zu durchlöchern und die verkrusteten Strukturen aufzuweichen. Aus anfänglich verstreuten Grüppchen entwickelte sich eine kleine Armee weißer Mäuse, die sich wöchentlich an wechselnden Orten traf und heuer am Jahrestag der Gründung unter ihrem Vorsitzenden Saint Felicien de Lamastre. Saint Felicien de Lamastre, ein Bürschchen von gerade mal 17 Jahren war durch seine klaren Reden zum Anführer geworden, gefolgt von den Vorschmeckern der Weißen Armee Fraktion, darunter auch der durch seine Enthaltsamkeit berühmt gewordene Rocke Fort. Weibliche Sorten waren weniger anerkannt in der WAR, da sie des Weichen Gemüts entbehrten und allesamt schon in der ersten Entwicklungsstufe mit einer dicke Haut gesegnet waren. Immer wieder machte sich die WAR in der Geschlossenheit der Stadt bemerkbar, indem sie Luft in die Käsestrukturen pumpte und dabei schon für einen Einbruch einiger Käsecken bewirkte. Eine weitere Taktik bestand im Schmelzen von Krusten der Infrastruktur, was häufig zu Verschwemmungen an der Basis führte. Saint Felicien de Lamastre bereitete sich vor auf den Tag „Streichkäse“, der totalen Zersetzung und Zerstreichung des Parlaments-Laibes. Das Parlament mit seiner Vorsitzenden Bürgermeisterin Margotin de Dordogne bewegt sich seit jahrhunderten auf einer elliptischen Bahn im Stadtlaib, um gegen Angriffe jeder Art auf bestmögliche Weise geschützt zu sein. Diese elliptische Bahn war schwer zu berechnen, da sie mit Hilfe von jährlich neu gesetzten Attraktoren ihre Lage neu bestimmte. Rocke Fort, der mathematische Kopf der WAR war diesen Regelwerken seit seiner Jugend auf der Spur, mit Hilfe eines weichen Computers entwickelte er unter Ausschluss der Öffentlichkeit ein Verfahren, diese Bahn schon in den ersten Tagen des Jahres bestimmen zu können. Der S-Day, der Tag des Eintretens in die Haut des Parlamentes sollte der 14. Juni sein.
Stadtfest
Vor dem S-Day kam aber erst einmal das berühmte Stadtfest. Einmal im Jahr fand in der Cheese City das Stadtfest statt, die besten Zutaten wurden aus den Kellern geholt und präsentiert. Käse schmeckte nur wirklich gut, wenn er richtig gelagert und richtig reif war. Dabei konnte die Raumtemperatur ohne Probleme für den Käse auch 20 bis 23 Grad Celsius erreichen, sofern die Luftfeuchtigkeit hoch genug war und der Käse idealer weise noch im ganzen Laib war. Bei diesen hohen Temperaturen reifte der Käse jedoch sehr schnell und musste bald verzehrt werden. Die Straßen waren beim Stadtfest voller Menschen, die sich einen Spaß daraus machten, fremde Ecken abzuknabbern und sich diese dann an den Körper zu picken. Es wurde dabei viel Wein getrunken, im Alkoholrausch kam es nicht selten zu Käseschlachten. Viele Einwohner der Wine City und der Wurst City kamen zu diesem Ereignis in die Cheese City, um mitzufeiern. Drei Tage lang wurde geschlemmt und laut gesungen, ein Lied, das gern von den Partygästen aus der Wurst City gerappt wurde, war:
Du göttliche Käsekrainer
Die Luft ist rein, das Wasser sprudelt, die Milch, die trudelt ein, das Glück der Kuh,
das ist der Clou, der Käs macht uns gesund und rein, wir rührn uns –
den Rhythm zu spürn in uns, in unserer Stadt, den lovely Hittn Oh my gosh, Iam so smitten
Käsekrainer, sind unsere Amazonen unter den Wohnendn. Sind unser Halt, in Wort und Gestalt. Käsekrainerin, Du bist die Stärkste Wurst unter den Käsen .
S-Day
Am S-Day war ich sehr aufgeregt und zitterte am Körper. Rocke Fort führte mit seiner Schmelzmaschine eine 12-köpfige Gruppe an den Rand des Parlaments, ich war im Dickicht geblieben und verfolgte das ganze an der großen Übertragungshaut. Saint Felicien de Lamastre sprach zu den Verschwörern: Jugend, ohne Schmelzpunkt, unser Hitzegrad ist erreicht, wir werden eingehen in die Chronik der Stadt, als die die den Menschen ihren Blick auf die Sonne wiedergaben, als die, die Transparenz schufen, wo Kruste war, als die die Luftblasen baute, wo Milchblas war, es wird noch in tausend Zuständen von uns gesprochen werden. Pecorino, das kleinste und jüngste Mitglied der Gruppe setzte den ersten Stich in den Fettlaib, Milch spritzte heraus, wurde aber sofort in eine Kanne aufgefangen von Big Feta. Danach pumpten die Ducketts heiße Luft in Mengen in den Laib, die Alarmglocken begannen zu läuten, der Laib wurde sofort evakuiert. Alles ging sehr schnell und geordnet zu, die Beamten trugen ihre kleinen Käselaiber in Reihen aus dem Organismus, sie hatten ihre Laiber schon Jahrzehnte gehegt und gepflegt, immer im Bewusstsein der Gefahr von Außen. Vorsicht war z.B. bei Fremdschimmel geboten, hier bat der Tontopf den Vorteil, dass die Beamten ihn immer wieder im Backrohr für etwa eine halbe Stunde auf 220 °C erhitzen konnte, dadurch wurden eventuell vorhandene Schimmelpilzsporen abgetötet. Ebenso gab es mit dieser Methode (trotz hoher Raumtemperatur) weniger Probleme mit Gerüchen. Größere Käselaibe konnten auf diese Weise relativ lange gelagert werden – ganze Laibe wurden einmal die Woche mit Salzwasser abgerieben. Die Lagerung von Käse auf Glas, Stein oder Edelstahl wurde vermieden, Holzbretter war der ideale Grund, sie mussten selten gereinigt werden. Hauptsächlich wurde Fichtenholz genommen, denn es besaß eine antibakterielle Wirkung. Zum Schluss kam die Bürgermeisterin mit ihrem großen Laib aus dem Parlament, sie war nahe am Schmelzpunkt. Es wurden noch 12 Kanülen mit Luft gesetzt, an den wichtigsten Stellen. In der Zwischenzeit strich schon die Creme de la Creme um den Laib , um die Löcher zu stopfen, doch es gelang ihr nicht, der Käse zerfiel unter quietschenden Eiweißen und aufheulende Sirenen, die schweren Gase bewegten sich durch die umliegenden Straßen, die leichten Gase entwichen nach oben, der harte Kern, gefüllt mit Luft zerplatzte, Käsestaub wirbelte durch die Luft. Die WAR, wieder im Untergrund unter einer schützenden Glocke, verfolgte das ganze unter Jubelschreien auf dem Brett. Ich umarmte Bechamel, Felicien de Lamastre umarmte Rocke Fort, dieser noch außer Atem röchelt nach Luft, sie beruhigt ihn mit den Worten: Unsere Stadtluft ist bald so rein, wie auf einer Weide im Milchumland, dank euch meine Freunde, Duft-Helden, endlich können wir die Macht wieder riechen, Felicien de Lamastre, die Stinkmorchel ist gestürzt, jetzt züchten wir unsere lang ersehnte Duftopia, hurrah!“ Im Großen und Ganzen gefiel mir das ganze Spektakel, ich war ein Sensationstourist aus der alten Welt, der bei der Revolution an vorderster Front war, später sollte sich herausstellen, das die Aktion nur zu einer Verstärkung der Sicherheitsmaßnahmen in der Stadt führen sollte, sonst sollte sich nichts ändern.
Die allgemeinen Käserechte wurden beschnitten, nachdem die Terroraktion zu verschärften Maßnahmen führte, so wurde u.a. vom Stadtrat beschlossen:
Artikel 1 Alle Käse sind frei und gleich an Fettgehalt und Reifestufen geboren, außer den französischen Käsen. Sie allein sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geiste der höchsten Reife begegnen. Artikel 2 Fast jeder hat Anspruch auf alle in dieser Erklärung verkündeten Rechte und Freiheiten, ohne irgendeinen Unterschied, etwa nach Sorte, Fettgehaltstufe, Reifegrad, politischer oder sonstiger Anschauung, nationaler oder sozialer Herkunft, Vermögen, Geburt oder sonstigem Duft.Des weiteren darf kaum Unterschied gemacht werden auf Grund der politischen, rechtlichen oder internationalen Stellung des Landes oder Gebietes, dem ein Käse oder ein Wein, ausgenommen Würsten, angehört, gleichgültig ob dieses unabhängig ist, unter Treuhandschaft steht, keine Selbstregierung besitzt oder sonst in seiner Souveränität eingeschränkt ist.Artikel 3Fast jeder Käse hat das Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit.Artikel 4Niemand darf in Käserei oder Laibeigenschaft gehalten werden; Sklaverei und Sklavenhandel in allen ihren Formen sind verboten.Artikel 5Niemand darf der Folter oder grausamer, unmilchiger oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen werden.Artikel 6Fast jeder hat das Recht, überall als rechtsfähig anerkannt zu werden.Artikel 7Beinahe alle Käse sind vor dem Gesetz gleich und haben ohne Unterschied Anspruch auf gleichen Schutz durch das Gesetz. Alle haben Anspruch auf gleichen Schutz gegen jede Diskriminierung, die gegen diese Erklärung verstößt, und gegen jede Aufhetzung zu einer derartigen Diskriminierung.
Mord in der Cheese City
Da die Cheese City nach Statistik die friedlichste Stadt der Welt war, drei Diebstähle im Jahresdurchschnitt, gab es auch nur eine kleine Schutzeinheit mit einem Inspektor. Der Mord, der sich am 27. Tag meiner Reise zwei Tage nach der Zusammenkunft der WAR im Hüttenkäse ereignete war ein ungeheuerliches Ereignis für alle Einwohner. Ein Mord am 40jährigen Friseurmeister namens Mimo Letto, ungeheuerlich, weil er am hellen Tag geschah, im Friseurladen Mimo Letto auf der Haupteinkaufsstraße der Stadt. Mimo hinterließ eine Frau, zwei Kinder und einen gut laufenden Frittiersalon. Er wurde in der Teeküche gefunden, Milch überströmt, kurz nachdem sich Mimo eine Mittagspause genehmigt hatte. Auf dem Tisch stand noch der Laib Käse mit einem Glas Weißwein. Mimo, so die Aussagen der Angehörigen, hatte nur Freunde, auch außerhalb der Stadt war er beliebt, nicht nur wegen seines sanften Wesens, auch wegen seiner Großzügigkeit wegen, so unterstützte er seit Jahren die Kinderkäsestation des Cheddar Hospitals im Norden der Stadt. Bei den Ermittlungen fand Inspektor Emil Weich neben dem Mittagsgedeck ein Käsblatt der Serie Schimmelige Geschichten. Die Schimmeligen Geschichten waren der Einzige Faden, an dem Inspektor Weich seine Nachforschungen ansetzen konnte, sonst war der Gesamte Tatort wie ein Weichkäse, ohne dunkle Flecken. Eine Verbindung zu der WAR, oder zu anderen terroristischen Gruppen konnte nicht hergestellt werden.
Schimmeligen Geschichten war nämlich im Gegensatz zu den Fettarmen Nachrichten, oder zu den Gelben Seiten ein äußerst stinkendes Instrument der Medienmacher Kas und Blom, die darin sämtliche private Skandale preisgaben. Es hatte eine Auflage von dreißigtausend Stück in der Stadt und nochmals dreißigtausend wurden in der Wurst City verkauft, nach dem berühmter Stinkerkäse-Skandal vor zwei Jahren wurde es jedoch eingestellt, nach richterlichem Beschluss, da weitere Stinkerskandale befürchtet wurden. Emil Weich hatte es nicht leicht in einer derart friedlichen Atmosphäre, wie sie in der Cheese City herrscht, einen schmutzigen Mörder zu finden. Mimos Frau Hanni Lette war zur Tatzeit im Salon beim Haare schneiden, sie entdeckte ihren Mann um 13Uhr und rief sofort die Polizei und dann die Familie an. Die Polizei nahm sie erstmal nicht ernst und leitete sie weiter an eine Catering-Firma für Filmaufnahmen. Hanni war die Schwester von Waltraud Gauda, sie war nach dem Tod ihres Mannes wochenlang unfähig mit Polizei, oder anderen Familienmitgliedern , außer den Kindern zu reden, sie fiel in eine Art Magerstufe der Aufnahmefähigkeit, was die Ermittlungen von Emil Weich noch zusätzlich verzögern sollte. “Es stinkt bis zum Himmel“ waren ihre einzigen Worte, die sie herausbrachte. Inspektor Weich versuchte herauszufinden, was das war, das bis zum Himmel stinkt, vielleicht meinte sie die Nähe der Käsblattredaktion Schimmelige Geschichten zum Friseursalon, oder die Kundschaft, die laut Kundenbuch hauptsächlich aus Milchmädchen bestand, die ihren Körper für Milchwerbung hergaben. Auch der Autor des Schimmelmanifests Hundertwasser war Kunde bei Mimo Lette, dieser hatte zur Tatzeit jedoch ein milchfestes Alibi, da er in der Wurst City einer zeremoniellen Schlachtung von seinem Freund Nietsch beiwohnte. Auch die Musiker der Emmentaler Spatzn hatten allesamt ein Alibi, waren sie doch die einzigen die Mimo nicht leiden konnte, er nannte ihre Musik immer „Lauf- und Triefkäse-Musik“.
Bonbel-Kurt hatte als einziger kein Alibi, was ihm für kurze Zeit ein brutales Sechser-Käse-Fondue bescherte, bis seine Unschuld eiweißfrei bewiesen war.
Emil Weich entwickelte in den Monaten der heißen Ermittlungen eine Theorie, die von den Medien als zu banal abgetan wurde: Jeder Käse bestand zu unterschiedlichen Verhältnissen aus Wasser und Fett. Enthielt er mehr Wasser, hatte er weniger Trockenmasse, somit auch weniger Fett und umgekehrt. Ein Doppelrahm-Frischkäse mit 60 % Fett i. Tr. hatte daher weniger Fett als ein Schnittkäse mit 45 % Fett i. Tr. Der Fettgehalt der Frischmasse ergabsich, wenn man den Fettanteil der Trockenmasse mit folgenden Faktoren bewertete:
- Frischkäse x 0,3
- Weichkäse x 0,5
- Schnittkäse x 0,6
- Hartkäse x 0,7
Wäre der Mörder, oder die Mörderin im Bereich der fettarmen Käse angesiedelt, also ein Frischkäse, so hätte man ihn auf frischer Tat ertappt, wäre er oder sie jedoch ein Weichkäse, so wäre die Tat von Emil Weichs Verwandtschaft ausgeführt worden. Wäre es ein Schnittkäse gewesen, so hätte man bei Mimo Lette Schnittwunden gefunden, es blieb der Täterkreis im Hartkäsebereich, also der Faktor 0,7 nach dem gesucht werden musste. Die Theorie erwies sich als falsch, es sollte sich nämlich herausstellen, dass Mimos Frau Orleans den Mord an ihrem Mann verübte, da er sie mit Mimolette, einer französischen Tänzerin betrogen hatte. Orleans war eine Bekannte von Muskat, wie sie mir später berichtete. Die Mimolette kannte sie nicht. Die Mimolette reifte zwischen zwei Monaten und zwei Jahren im Milchumland und hatte einen typischen mild-nussigen bis kräftig-würzigen Geschmack und eine auffällige, intensive gelborangene bis orangebraune Farbe, zur Rinde hin dunkler. Die Färbung entstand durch Zugabe von Annatto (frz. rocou), einem Pflanzenfarbstoff aus den Samen des Orleanstrauches (Bixa orellana L.), bei der niederländischer Schwester von Mimolette fand auch Karottensaft als Färbemittel Verwendung. Die Rinde war bei dem jungem Käse relativ glatt, mit fortschreitendem Alter wurde sie dicker und ähnelte dann einer mit Kratern übersäten Mondlandschaft. In den Kratern siedelten Milben, denen Mimolette ihre löchrige Oberfläche verdankte. Ihr Teint war fest und etwas brüchig. Man fand einen Brief in Mimos Wohnung, wo er schrieb: „Die junge Mimolette schmeckte relativ mild, im reifen Zustand riecht sie eher kräftig, fast „medizinisch“. In diesem Stadium schmeckte sie kräftig haselnussig und fruchtig-zitronig. Unter Kennern gilt ein Alter von 6–18 Monaten als optimal“. Mimos Frau Orléans wurde daraufhin nach einem kurzen Prozess verhaftet. Die Beweise waren sehr eindeutig und so hatten ihre Verteidigerinnen Mag. Nieheimer und Mag. Odenwälder keine Chance auf Berufung. Muskat war während dem Prozess auf der Zuschauerbank gelegen, Orleans und Mimolette saßen nicht weit von ihr, dennoch konnte sie weder olfaktorisch, noch sprachlich mit diesen kommunizieren. Es war ihr lediglich gestattet mit den Anwältinnen Düfte auszutauschen.
Foto von Mimolette, das in Mimos Jackentasche gefunden wurde.
Kurbad
Die Tage wurden kürzer, der Duft auf den Straßen herber, der Herbst in der cheese-city war angebrochen, der Mord an Mimo Lette schon fast vergessen. Nur Waltraud Gauda konnte nicht vergessen, sie hatte Angst, wie sie mir eines Tages verriet, wovor genau wusste sie nicht. Ich bemerkte Flüssigkeitsverlust an Waltraud, sie hatte Milchperlen auf der Haut. Ich war oft bei ihr und versuchte sie sie zu beruhigen, es ging nicht, sie musste einen Olfaktorologen aufsuchen, der verschrieb ihr Zedernöl und andere homöopathischen Mittelchen. Es half nichts, sie verlor weiter an Fett. Ich schickte sie zur Talgologin, der ihre Fettwerte untersuchte, sie hatte schon den Fettgehalt von 15% erreicht, Magersucht war die Diagnose der Ärztin, nur psychisch heilbar. Ich sprach tage- und nächtelang mit ihr, Muskat blieb an ihrer Seite, ihr die Angst zu nehmen. Muskat erzählte mir von Mamirolle, einer traurigen Gestalt, die vor lauter Kummer in den Wänden verschwand, sie verband sich mit ihrem Zimmer. Waltraud begann im Delirium von Louis zu reden, er sei ein Spion, ein eiskalter Pélardon, der vor der eigenen Familie keine Rücksicht nähme. Wir begannen ihr Haus zu verriegeln, sogar ihre Fenstersorten tauschten wir aus, wo vorher transluzente Quargelfenster saßen, setzten wir 3-fach Camembertfenster ein, so dass weder Licht, noch Duft von außen in ihre geschützte Wohnblase drang. Geschützt und gehegt von Muskat und mir, begann sie wieder Fett anzusetzen. Bei Fettgehaltstufe 30% nahmen wir sie an den Enden und brachten sie für mehrere Tage auf einen Kurhof im Milchumland, so dass sie dort in Sahnebädern weiter Fett ansetzen konnte.
Im Gefängnis
Ich besuchte Orléans im Gefängnis, in dem sie seit 3 Wochen gehalten wurde. Die Bau-Pappe, aus der das Gefängnis bestand war speziell entwickelt worden, um negative kriminelle Energie aufzusaugen wie ein Schwamm. Die Wände mit der negativen Energie wurden jährlich ausgetauscht, die alten nahe der Wurst-City in einem tiefen Loch entsorgt. Die Temperaturen in den Zellen waren immer nahe 0 Grad damit sich keine anarchischen Schimmelkulturen ausbreiten konnten. Das Gefängnis war bekannt für seine friedlichen Insassen, da nur Strafkäse mit weichen Delikten dort einlagen. Orleans lag geknickt hinter den Pappstäben, sie saß auf einem Möbel aus gelber Pappe. Sie war sehr blass und zitterte vor meinen Augen. Das Gefängnis sei ein Mauseloch, alle Öffnungen zu klein zum Gehen, sie musste oft auf dem Bauch kriechen. Wir unterhielten uns durch trübe Blasen, die unsere Sprache verzerrten. Gerüche wurden aus Sicherheitsgründen komplett geblockt. Wiederholt sprach sie von ihrer Unschuld, von einer Verschwörung, sie hatte ihren Mann geliebt, es gab keine Trübung in ihrer Beziehung. Wir sprachen detailliert über die Tage vor dem Mord, Mimolette tauchte in den lückenlosen Tagesbeschreibungen nicht auf. Orleans sah Mimolette überhaupt erstmals bei den Verhörungen, bei denen sie ein Verhältnis zu Mimo angab. Mimo musste beauftragt worden sein, um einen anderen Täter zu decken. Sie sprach wieder und wieder von den unwirtlichen Verhältnissen in den Papp- Gefängniszellen Die Fermentierung des in der Milch enthaltenen Kohlenhydrats Laktose, das normalerweise zur Bildung von Milchsäure und zur Entwicklung von Kohlendioxid führt, sei durch die dunklen Gefängniszellen total eingeschränkt. Die Reifebedingungen waren eine Katastrophe , z. B. Emmentalerkäse konnten in ihren Zellen keine geringe Mengen von Wasserstoff ausbilden (durch Propionsäurebakterien). Dieses Gas wäre für die Ausbildung der Löcher im Käse notwendig, da es im Gegensatz zu Kohlendioxid nicht wasserlöslich ist, folglich nicht von der Käsemasse aufgenommen wird. Orleans war zu Unrecht eingelocht worden, das wurde mir beim zweiten Gespräch, an dem auch Muskat anwesend war, klar. Muskat hatte versucht über ihren Ehemann eine geringe Kaution für ihre Cousine herauszuschlagen, er war jedoch sehr erfolglos in seinen Bemühungen. Ich war Orleans eine größere Hilfe, ich war neben Muskat der einzige, der an ihre Unschuld glaubte. Sehr misteriös bei der Inhaftierung von Orleans schienen mir ihre Zellengenossen, die zu 100% aus Sauermilchkäse-Gestalten bestanden. Der Harzer Käse Joe musste sitzen wegen Diebstahl von guter Luft am Vorplatz des Quargels, der Olmützer Quargel Jack war zu 2 Jahren abliegen verurteilt worden, weil er ohne Genehmigung mehrere Emmentaler im Keller eingeperrt hielt, der Milbenkäse Frank aus Würchwitz saß wegen Erpressung und der Tiroler Graukäse wegen Völkermordes, er tötete grausam eine ganze Schimmelkultur. Orleans beschrieb sie mit einer Verachtung, die sie sonst keinem anderen Geschöpf entgegengebracht hätte. Alle hatten anfangs eine krümelige, quarkähnliche Konsistenz, die sich im Verlauf der sehr kurzen Reifung von außen nach innen in eine kompakt-elastische verwandelt. Die Farbe veränderte sich in den 3 Wochen von Weiß zu einem durchscheinenden, gelblichen Ton. Dabei entwickelt sich ein würziger Geschmack, begleitet von einem strengen Geruch. Sie waren fettarm und eiweißhaltig.
Spion
Muskat fand ein Duftvideo in Louis Arbeitsbereich, eines von vielen, die Louis in Aktion zeigen. Man sieht Louis sitzen, sein herzhaft reifer Körper glänzt im Rampenlicht eines Scheinwerfers. Er spricht in die Kamera: Sehr geehrte Damen und Herren, verehrte Käsesorten, Ich habe Beweise, dass es in unserer schönen Stadt ungute Elemente gibt, die diese zerstören wollen. Wie sie wissen beobachte ich schon länger das Treiben einer kleinen umstürzlerischen Käseformation, der WAR. Die WAR scheint einen Terrorakt gegen den Stadtapparat zu planen, wir müssen handeln. Gentechnisch veränderte Strukturen treffen sich in der so genannten Gallerte und planen eine Revolution. Gegen Käseaufläufe im allgemeinen ist nichts zu haben, wenn jedoch wie im Fall der WAR Gefahr den Milchprodukten droht, muss eingeschritten werden. Ich erinnere sie an eine Rede des Parlamentsvorsitzenden Camenbert penicillium, der über Schmarotzer sprach, Pilze so sprach er, Pilze sorgen für den Geschmack des Käses, sie geben ein frisches Aroma, das an den Geruch von Champignons erinnert, jedoch Kranke Strukturen geben dem Käse kein frisches Aroma, sie zerstören ihn. Im Fall der WAR kann nicht von Pilzen gesprochen werden, da sie Zerstörung im Sinne haben. Ich habe sogar Waffen gerochen, in der Gallerte roch es stark nach Essig und Öl, Kürbiskernöl meine Damen und Herren. Wie sie wissen, kann man mit Weinbrandessig und Kürbiskernöl den Geschmack eines Camemberts neutralisieren. Gibt man dazu noch Pfeffer und Salz und Zwiebeln, so kann mit Hilfe aus der Wurst-City aus Käse ein Schweizer Wurstsalat gemacht werden. Stellen sie sich vor: Unser Parlament ein Schweizer Wurstsalat, einer feindliche Übernahme stände danach nichts mehr im Wege.
Bon Bonatz
An einem diesig schaumigen Vormittag, in meinem 13. Reifemonat, erhielt ich einen Fettbrief von Louis, dem fetten Mann der schlanken feinen Muskat. Er wollte mich treffen, allein ohne Be-Gleitstoffen und ohne Poli-Z-Ei. Ort der Hauptbahnbonbonell der Stadt, am Genussstand der Weinregion Stuttgart. Das Treffen sollte die Geheimratskäse-Stufe Doppelrahm entsprechen, niemand, nicht mal mein Tagebuch dürfte davon erfahren, so seine fettigen Markierungen im Brief. Zeit: Gleitzeit, das bedeutete auf der Stelle, ohne Schimmel angesetzt zu haben, sofort ohne Umrühren. Mit einem Leihmobil sollte ich dorthinkommen, die neue Blase musste zuhause bleiben. Also fuhr ich los im Leihmobil, eine Schleimspur von neuem Käse hinter mir, in der Ferne der fette Bonatz vor mir. Die schweren Parmesansäulen waren schon von weitem zu schmecken. Ihre regelmäßigen Duftstöße nervten mich schon von der Ferne, am liebsten hätte ich die Parmesanreibe angesetzt und diese Säulen schon vor meiner Ankunft auf die Spagettistraßen gerieben. Als ich an einem Seitenflügel geparkt hatte und mich in Richtung eines Haupteingangs bewegte spürte ich schon die Schwere dieses Uralten Käseblocks, den die Stadtgründer schon in den ersten Stadt-Annalen errichteten. Über 80% Fettgehalt machte diesen zum schwersten Organismus in der Neuen Welt.Sein Anblick bescherte mir nach kurzer Zeit schon Magenschmerzen, am liebsten wäre ich sofort wieder abgerutscht, aber ich durfte Louis nicht versetzte. Nach dem Eintritt in die Fettblase des Haupteingangs 4 wurde ich von mehreren kleinen Fettaugen begleitet auf meinem eg zum Weinstand der Region Baden Württembergkäse. Dort lag er in einer Fettlache, mein zukünftiger Schwager Louis de Bechamel, er zog mich zu sich heran und schnäutze mir in die Ohren: ffff sschhh sttt.Ich verstand nicht, ich rümpfte meine Nase, er wiederholte etwas lauter: ffffffff sscccccchhhhhhhhh st und plötzlich versanken wir durch die Fettlache in eine dunkle Grube im Bonatz. Jetzt waren wir nicht mehr allein, um uns herum wieder die Sporen, das verstand Louis alos unter Doppelrahmgeheimstufe, ich began mich zu schütteln, die Nase hatte ich schnell abgeklebt, damit sie mich mit Ihren Duftstoffen nicht sofort fügig machen konnten, schnell leierte ich alle erdenklichen Käsesorten herunter, um die Sporen von mir zu halten:
- Aachtaler Switzerland
- Aargauer Traum
- Allégé de la Venoge
- Alpikoner Eichenrinde
- Alpkäse
- Altlandenburger
- Andeerer Alpkäse
- Anniviers (Raclettekäse/Wallis)
- Appenzeller
- Arenenberger
- Argocella (Tessin)
- Atzmännig Bergkäsli
- Ayent (Raclettekäse/Wallis)
schon nach den A-Käsen aus der Schweiz wurden die Sporen müde, Lousi war nun alleine mir gegenüber, ich stellte ihn schnell zur Rede, da ich wußte, dass meine Sprache ihm Schmerzen zufügen konnte sprach ich: Du Wurst, was Willst Du Wicht von Mir. Louis entschuldigte sich sofort und lief rot an, an seiner Hautfarbe erkannte man seinen Ehrlichkeitgrad, dies wußte ich von Muskat. Rot bedeutet danach absolute Wahrheit. Ich öffnete meine Rezeptoren nun ganz für die Ausführungen des Spions. Louis erzählte mir von seiner Arbeit für den Geheimratskäse.
Muskat war ausgezogen
Nach den Vorfällen, in der Zeit als Waltraud in Kur war und Orleans im Gefängnis saß, zog Muskat aus dem Haus ihres Mannes Louis aus. Er war eine Woche auf so genannter Geschäftsreise in der Kompost City, dies nutzte Muskat für ihren endgültigen Bruch. Mit einer Umzugsblase, die beladen war mit ihren privaten Dingen, fuhr sie mit mir an einen Ort weit von der Wohnung entfernt. Dabei war ihr gesamtes Verpackungsmaterial, sowohl Designer-Verpackung wie auch die ganz einfache Haushalts-Verpackung. Ihre orientalische Gewürzsammlung vor allem Zimt, Nelken, Anis, weniger Kardamom, Koriander, Ingwer, Muskat, wie auch die seltensten Safran Arten verschickte sie in einer eigenen Blase, die geruchsverschlossen durch die Stadt reiste. Ich hatte nur einen Koffer mit Kleidern und persönlichen Kleinigkeiten, den ich bei mir trug. Muskat hatte ein kleines unterirdisches Hotel, namens Alma in der Kaschkawal-Straße gefunden. Die Kaschkawal-Straße befand sich in einer Vorstufe der Käse-Stadt im russischen Bezirk, wo hauptsächlich mit niederen Kräutern gehandelt wurde. Sie war sich gewiss, dass Louis sich dort nicht blicken würde, selbst wenn er ihren Aufenthaltsort herausfände. Das Hotel war nur durch ein Schild am Boden zu finden, als wir draufrollten, öffnete sich eine Blase und verschluckte uns. Kurze Zeit später befanden wir uns im Foyer, das rein aus überdimensionalen Kirschblüten bestand. Wir ließen uns aus unserem Gefährt auf eine Kirschblüte fallen, die uns zum Empfang brachte. Der Empfangsbereich bestand aus einem großen Mozarella-Käse, aus dem asiatische Zeichen herausgefräst waren. Die Empfangschefin begrüßte uns höflich und führte uns zum Zimmer nach unten ins 6. Untergeschoss. Je tiefer desto besser, sagte die Empfangschefin, wir rückten dem Erdmittelpunkt näher, die Käse-Kabine wurde weicher und sanfter. Ihr Bett wird natürlich weich sein, sagte sie uns im Zimmer. Boden und Wände waren edle Schmelzkäse mit ornamentalen Fromageries Bel-Friesen und Alma-Vignetten an der Decke. Alma hatte 1925 in Österreich begonnen, Schmelzkäse herzustellen und war damit die älteste Schmelzkäsemarke in der alten Welt. Runde Wandöffnungen zeigten die blaue Erde mit ihrem reichhaltigen Mikroklima. In dieser Athmosphäre fühlten wir uns geschützt vor Louis und seiner Organisation für die er arbeitete, oder der er vorstand. Muskat stellte ihre Kräutersammlung in sämtliche Spalten und Nischen des Raumes, so dass es je nachdem wo man sich aufhielt mal nach Kardamon-Käse, mal nach Ingwer-Käse duftete. Der Schmelzkäse eignete sich gut als Bett für Muskats Kräuter, da er sich ideal vermischte und die Kräuterdüfte etwas abschwächte, um ihnen eine geheimnisvolle Distanz zu verleihen. Eine Klimaanlage sorgte für frische Luft, sie schaltete sich immer wieder für kurz ein, um die Athmosphäre mit frischer Luft und edlen Gasen anzureichern. Manchmal wachte ich in der Nacht auf, da ein feiner Hauch von Ingwer im Schmelzkäsemantel vorbei flog.
Käsemonaden
Waltraud lies in diesen gefährlichen Tagen zwei Überschallgefäße für uns anfertigen. Zwei sogenannte Bio-Monaden. Tagsüber sollten uns diese sicher durch die Stadt führen. In der Nacht waren wir sicher im Hotel unter der Erde, nur vor den fetten Träumen waren wir nicht sicher. Fette Sporen besuchten mich z.B. kurz vor dem Aufwachen. Sie trieben ihre stacheligen Rezeptoren in meinen weichen Körper, so dass Blut heraustrat, anfangs lief es ins nur ins Bett und ich wachte auf. Bei längerem Schlaf spritzte mein Blut das ganze Zimmer voll und ich sah Muskat in meinem Blut ertrinken, bevor ich aufwachte. Gegen diese Träume konnten wir nur durch Kurzschlafaktionen ankommen, wir wechselten uns quasi ab mit dem Schlaf. Die Biomonaden halfen uns zusätzlich die Nach gut zu überstehen. In ihnen waren wir beinahe sicher vor schlechten Träumen. Meine Monade war mit einem Überschallgärungsantrieb ausgestattet, während Muskats Monade neben dem Sicherheitsprüfzeichen das Öko- und das Fairtrade-Siegel besaß. Sie war einzigartig. Die Käseharve zog feine Schnitte durch die Motor-Gallerte. Meine Überschallblase war ausgestattet mit Lab- und Edelpilzkulturen, außerdem war das Treibmittel eine einzigartige geheime Bakterienflora aus der Weltraumforschung. Bio waren natürliche Monaden. Ihre Schöpferin war Leibniz, die Zweite. Obgleich eine jedwede erschaffene Monade das ganze Blasen-Spektrum abschilderte, so repräsentierte sie viel deutlicher denjenigen Körper, von welchem sie insbesondere affiziert wurde und dessen Entelechia sie war. Meine Monade war ein biogenetischer Spiegel meiner Seele, ebenso selbige von Muskat. Sie waren beide Fensterlose Abbilder unserer Seele, unteilbar und unzerstörbar. Es war ein Freitag, als ich in meiner Monade die Stadt durchkreuzte, versunken in einen zarten Traum von Milchschokolade. Plötzlich wurde ich aufgeweckt von einem Schatten, der mich einhüllte. Es war ein Schwarm Sporen, die mich augespürt hatte. Ich hörte, wie einzelne Nadelsporen versuchten die Hülle der Monade zu durchstechen, was ihnen natürlich nie gelungen wäre, wäre nicht die Aromaampel auf grün gesprungen und ich ruckartig zum Stehen kommen musste. Bei dieser Aktion entstand ein kleiner Riss, den es lt. Leibniz nie geben konnte, den ich jedoch genau spüren und hören konnte. Einer Spore gelang der Durchbruch in meine Sphäre, ich schaltete den Turbo ein, um wenigstens die anderen abzuhängen, mir gelang ein Blitzkäsestart. Ich fetzte durch die Aromaampel, dann durch eine öffentliche Gebäudemasse der Reib- und Schmelzkäse GmBH und KäKg. Danach flog ich durch reine Luft hinter ein Milchwölkchen, das die Form einer Kuhglocke angenommen hatte. Die Sporenmasse war jetzt nur noch als kleiner schwarzer Fleck auf meiner Petrischale zu erkennen. Nach einer Stunde fühlte ich mich in Sicherheit vor den feindlichen Sporen und begann langsam in die Stadt zurückzugleiten. Muskat war in der Zwischenzeit alarmiert worden und hatte mich per Satellit ausfindig gemacht. Sie stand mit ihrer Monade vor einer Bio-Gallerte, und begrüßte mich mit Düften der Erleichterterung, die sie per telepatischer Gärung in meine Monade einführte. Kaum hatte ich ihr die Sporenformation beschrieben, tauchte diese wieder über uns auf. Mit Vollgas ging es weiter durch die Wände. Die Petrischale neben der Lenkwolke zeigte an, dass wir uns in einem dichten Wohngebiet befanden. Mehrere Durchschläge, Familie beim Gährungsgebet, Wand, schreiender Babybonbel, Eiweisschicht gehärtet, Splitter, Familie Parmesan beim Reiben, Eiweißfenster, Romadourstauden, zweispurige Milchstraße, Wand, ältere Gorgonzolas beim Schimmeln, Schreie, Schläge auf meine Monade, Wand, Feldkäse, ein schafbäurins Kugelkäse rollt mir vor die Linse,ich lege eine Vollbremsung hin, die Kugel bleibt liegen, als Vorbild für die Erzeugung von Schafbäurins Kugelkäse diente die originale Edamer Käsereifung. Als Annerkennung wurde die "Edamer Kugel" auch bei der Namensgebung einbezogen. Ein Spieler im Steiermark-Trikot kickt die Kugel weg von meinem Gefährt, weiter geht die Fahrt, kurze Orientierungslosigkeit. Plötzlich versinke ich in einer weichen hellen Masse und werde gebremst, was laut Gebrauchsanweisung der Monade praktisch unmöglich ist. Stillstand, die Sporen sind abgehängt, aber auch Waltraud habe ich verloren. Die Navigations-Petrischale zeigt an, dass ich mich in der heiligen Hefe befinde,da Petrischalen in verschiedenen Größen aus Laborkäse und durchsichtigem Polystyrol hergestellt wurde und praktisch ausschließlich als Einweg-petrischalen eingesetzt wurden, traute ich ihr nicht ganz. Die heilige Hefe musste weit hinter mir liegen. Das Olfaktometer zeigte erhöhte hefewerte um mich herum, es schlug richtiggehend in den Pilzbereich hinauf. Eine genauere Analyse der Umgebungszutaten zeigte an, dass es sich um einen Hefeteig handeln musste. Neben Mehl, Wasser und Bäckerhefe gab es jedoch noch unbekannte Zutaten, was entweder unmöglich war, oder es handelte sich um eine extraterrestrische Substanz.
heilige Hefe II
Ich öffnete die Monade und tauchte in die weiche, transluzente Masse. Die Monade hatte verätzte Stellen bekommen, Leibniz hatte sich also geirrt, sie war doch nicht unzerstörbar. Ich musste sie an diesem unbekannten Ort zurücklassen. Mit Hilfe von Triebmittel und Backmalz ließ ich mich durch die Masse treiben, richtungslos, in der Hoffnung nach außen zu gelangen, oder zumindest nach innen, wo Hilfe zu erwarten war. Nun dachte ich an Siddharta Gauda, der bestimmt ganz in meiner Nähe war und vielleicht gerade an Waltrauds Biosphärenapplikation schnüffelte. Plötzlich wurde die Masse um mich herum fester, ich musste in das Trockenhefeareal eingedrungen sein. Das Trockenhefeareal war mir von Siddharta so folgendermaßen beschrieben worden: Der Nachtrieb, also die Lockerung während des Backvorganges, war in der Regel gering. Hintergrund war, dass während der ersten Phase des Backens die Hefe sich sturmartig entwickelte und damit die Lockerung verbessert hatte. Dieser Effekt war mit Trockenhefe nur unbefriedigend zu erzielen, da die Trockenhefe mit einem Verfahren hergestellt wurde, das den Organismus der Hefezellen schädigte. Es war daher unmöglich vorauszusagen, wie viele der Hefezellen dieses Verfahren überlebten und im Teig wirksam werden konnten. Frische Hefe erzielte nicht nur eine bessere Lockerung, sie überzeugte auch durch ein besseres Aroma. Trockenhefe hatte aber die Vorteile, haltbarer und einfacher in der Verarbeitung zu sein. Siddharta zog sich ein mal im Jahr für eine Woche in die Trockenhefe zurück, um durch bestimmte Übungen haltbarer zu werden. Es wäre sehr viel Glück gewesen in gerade jetzt hier zu treffen. Ich musste weiter tauchen bis ich in eine riesige Dunkle Blase einstieß.
Goethe und Schiller
Je länger ich in der cheese-city lebte, desto mehr entwickelten sich meine Riech- und Schmeckorgane; die bisher so dominanten Sinnesorgane wie Sehen und Hören schwächten langsam ab, sie verkümmerten richtig. Dieser Prozess wurde mir immer dann bewusst, wenn ein aus meiner Heimatsprache mitgebrachtes Buch lesen wollte, oder wenn ich mitgebrachte Fotos anschauen wollte. Beim Lesen verschwammen die Buchstaben, ich bekam sehr schnell Kopfschmerzen, beim Fotoschauen sah ich nur noch Flecken, die mich ärgerten. Um einer Depression vorzubeugen riet mir Muskat die Fotos in heiße Bechamelsauce einzuweichen und die Bücher in eine Blauschimmelkultur zu legen. Die Bechamelsauce eigne sich gut für die Gratins und das junge Gemüse auf meinen Fotos, meinen Bücher verschrieb Muskat eine Blauschimmelkultur. Die ungiftigen Pilze durchzogen die Bücher aderartig. Der blaue bis grüne Edelschimmel wurde zum Teil auf Brotlaiben gezüchtet, bis diese gänzlich von Schimmel durchzogen waren. Das durchschimmelte Brot wurde getrocknet, fein vermahlen und verflüssigt, dann wurde die Schimmelmasse mit einer groben Spritze in den für die Bücher bereiteten unreifen Käse eingebracht. Beim Wachstum verzweigte sich der Pilz mehr oder weniger tief und fein, soweit dies durch die Struktur des Bruchs und dessen Behandlung möglich war. Je nach Sorte wurden die Bücher während der Reifeperiode zusätzlich wiederholt „pikiert“, das heißt mit langen, dicken Nadeln durchstochen, um vermehrt Sauerstoff ins Innere dringen zu lassen und so weiteres Pilzwachstum zu fördern.
Muskat versicherte mir, dass bei diesen Verfahren der Sinn nicht verlorenginge, dieser nur in einen edleren Zustände überginge, Text und Bild quasi ästhetisch transformiert würden, wie in eine Klangynfonie aus Duft und Geruch. Muskat betonte auch, dass sie danach auch teilhaben könne an meinem Genuss, oder an meinem Leiden, je nach Lektüre, oder Erinnerung. Nachdem ich diese Verfahren an einem Freitag im tiefdunklen Hotelzimmer angewandt hatte, konnten wir tatsächlich gemeinsam über meinem Goethe sitzen und uns in feinen Nuancen den Faust durch die Nase ziehen, wobei Muskat durch ihre ausgebildeten Rezeptoren mich in der vollständigen Lektüre überholte. Ich glaube sogar zu sagen, sie hatte den Faust und sein Ringen nach Allmächtigkeit sofort ganz geschluckt.. Während ich in dieser Zeit nächtelang die neuen Sinneindrücke in mir bekannten Büchern verschlang, genügten ihr ein paar Abende, um meine Bücher in ihren Körper aufzunehmen. Fotos waren für mich plötzlich wie Zwiebelschalen, die mir Schweiß auf die Haut trieben. Bei Fotos mit heiteren Erinnerungen, wie die meiner Familie liefen mir Tränen über den ganzen Körper. Muskats Rezeptoren begannen zu vibrieren, wenn sie ein Foto aus meinem alten Wohnzimmer mit den biedermeiermöbeln sah, die mottendurchstzten Vorhänge trieben ihr Pickel auf die Haut und ein Foto mit einer verglasten und künstlich beleuchteten Käsetheke, das ich Jahre zuvor bei meinem Bruder im Supermarkt gemacht hatte, verpasste ihr eine Gänsehaut. Später fragte sie mich dann, warum wir von der alten Welt unsere Käse einsperren. Als irgendwann unser Besuch beim Fotoriechen mein Privatleben durch den Kakao zog, schob ich Duftriegel vor meine privaten Mitbringsel aus der alten Welt, um sie der Lächerlichkeit nicht weiter preiszugeben.